365-Euro-Ticket kostet Frankfurt 55 Millionen Euro im Jahr
RMV nennt Zahlen für die Stadt und das Verbundgebiet – Fahrgäste fordern Ausbau
Der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) hat die Kosten eines allgemeinen 365-Euro-Tickets berechnet. Die Stadt Frankfurt würde ein solches Ticket etwa 55 Millionen Euro im Jahr kosten. Mit Kosten sind die Mindereinnahmen gemeint, weil die Menschen weniger Geld für ihre Fahrkarten zahlen würden.
Noch höhere Folgekosten hatte der Nahverkehrsexperte und CDU-Stadtverordnete Frank Nagel (CDU) erwartet. Er hatte mit Mindereinnahmen von 150 Millionen Euro für die Stadtkasse kalkuliert, falls der Preis für die Jahreskarte von knapp 900 auf 365 Euro abgesenkt würde. Die Zahl fand sogar Eingang ins Wahlprogramm von Volt in Frankfurt.
Der RMV hat darüber hinaus berechnet, was ein 365-Euro-Ticket im gesamten Verbundgebiet kosten würde. Das Gebiet reicht vom Rheingau nach Fulda und von Marburg in den Odenwald. Hier lägen die Mindereinnahmen demnach bei 230 Millionen pro Jahr. Im RMV beteiligen sich 15 Landkreise und elf Städte, die sich über die Kostenverteilung verständigen müssten. Koordinieren könnte das der RMV-Aufsichtsratschef, Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Er hatte sich zuletzt in Frankfurt für günstige Einzelfahrten und Tageskarten eingesetzt. 365-Euro-Tickets gibt es in Görlitz, Radolfzell und Reutlingen.
In Österreichs Hauptstadt Wien gibt es ein solches Ticket seit 2012. Dort wurden auch die Effekte untersucht. Demnach verkauften sich nach der Einführung etwa doppelt so viele Jahreskarten. Aber der Modal Split – der Anteil der verschiedenen Verkehrswege am Gesamtverkehr – blieb weitgehend gleich. Die Menschen stiegen in Wien also nicht verstärkt vom Auto in Bus und Bahn um. Sie kauften statt anderer Tickets vermehrt das 365-Euro-Ticket.
Auch hatte Wien bei der Einführung einen besseren Modal Split bei Bus und Bahn als die Stadt Frankfurt. 37 Prozent der Menschen fuhren in Wien damals Bus und Bahn. In Frankfurt waren es zuletzt nur 21 Prozent.
Der RMV mahnt daher: Bevor ein 365-Euro-Ticket eingeführt wird, sollte der Nahverkehr weiter ausgebaut werden. Diese Forderung erhebt auch der Frankfurter Fahrgastbeirat seit langem und pocht erst auf den Ausbau des Angebots. Eine Flatrate für einen oder zwei Euro am Tag sei dann aber sinnvoll, um Menschen zum Umsteigen zu bewegen.
Auch in Wien wurde so vorgegangen: Die Stadt habe umgesetzt, was der RMV in seiner Leitlinie Mobilität 2035 verfolge, sagt RMV-Sprecherin Vanessa Rehermann: “Der Ausbau der Infrastruktur, der eine höhere Qualität mit dichteren Takten und noch pünktlicheren Zügen sicherstellt, sowie eine gute Vernetzung von Verkehren.” Man setze auch auf On-Demand-Angebote und Flatrates wie das Jobticket sowie das 365-Euro-Ticket für Schüler, Senioren sowie Landesbedienstete.
Bei einem lokal begrenzten 365-Euro-Ticket entsteht laut RMV der Nachteil, dass Fahrkarten aus der Region nach Frankfurt oder etwa von Frankfurt nach Offenbach teurer würden als ein 365-Euro-Ticket für die Stadt in Kombination mit einer weiteren Fahrkarte. Das führe zu einem unerwünschten “Tarifdschungel”, so die Sprecherin. “Lokale Alleingänge sind nicht nachhaltig.” Besser seien Flatrate-Lösungen für die gesamte Region. Das sieht auch die neue Römer-Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt so: “Mittelfristig streben wir ein 365-Euro-Ticket für alle Menschen und nach Möglichkeit für die ganze Region an”, heißt es im Koalitionsvertrag.