Frankfurt – Kräftigen Gegenwind erhält Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) für seinen Vorschlag, die Arbeitgeber an den Kosten von Bahnen und Bussen zu beteiligen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) und die CDU lehnen das strikt ab. Selbst aus der eigenen Koalition stellt sich die FDP gegen die Idee.

Zwei Euro je Mitarbeiter und Woche sollen Arbeitgeber bezahlen als Gegenleistung fürs gute ÖPNV-Angebot in Frankfurt. Wer Jobtickets anbietet, soll je Kopf nur einen Euro pro Woche zahlen. Grünen-Politiker Siefert hat diese Abgabe als die interessanteste von mehreren Optionen für eine breitere Finanzierung von Bahn und Bus vorgeschlagen.

Allein: Das Land müsste erst per Änderung des ÖPNV-Gesetzes eine Grundlage schaffen, damit die Stadt einen solchen Beitrag beschließen könnte. Noch komplizierter wäre eine City-Maut einzuführen. Dafür müssten Landes- und Bundesgesetze geändert werden. Wien bittet die Arbeitgeber seit den 1970er-Jahren mit einer U-Bahn-Steuer zur Kasse.

VCD dafür, CDU dagegen, IHK warnt

Allein vom Verkehrsclub VCD kommt bisher Applaus. Sieferts Vorstoß sei „ein interessanter Ansatz“, sagt Anja Zeller von der VCD-Regionalgruppe Rhein-Main. „Gerade im Ballungsraum bedeutet ein guter ÖPNV-Anschluss eine erhebliche Wertsteigerung der eigenen Immobilie.“ Bisher habe jeder Investor diese Wertsteigerung als kostenlose Zugabe der Kommune erhalten. Wenn die Kommunen nun diese Profiteure beteilige, sei das „nur fair“.

Anders als Siefert sieht der VCD jedoch nicht den Arbeitgeberbeitrag als wichtigstes Mittel an. „Für den VCD steht eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung an erster Stelle“, erklärt Zeller. Durch Parkgebühren könnten Autofahrer direkt an den Kosten der Parkplätze beteiligt werden, das reduziere den Verkehr und verbessere die Luftqualität.

Laut einer Untersuchung der Stadt flössen durch flächendeckende Parkgebühren jährlich 7,7 Millionen Euro ins Stadtsäckel. Aus den Arbeitgeberbeiträgen wären rund 65 Millionen Euro zu erwarten. „Die Koalition zockt Unternehmen ab“, kritisiert der verkehrspolitische Sprecher der größten Oppositionsfraktion im Römer, Frank Nagel (CDU). Siefert habe „jede Bodenhaftung verloren“, wenn nun ausgerechnet diejenigen noch mehr bezahlen sollten, „die sowieso schon mit ihren steuerlichen Beiträgen die Stadt am Laufen halten“. Nagel wirft Grünen, SPD, FDP und Volt falsche Prioritäten vor: Geld für die Sanierung von Brücken und Straßen und ÖPNV-Infrastruktur werde für Radverkehrsprojekte beschnitten, und die Koalition vergünstige großzügig RMV-Tickets.

Die Firmen müssten bereits eine hohe Abgabenlast schultern, erinnert IHK-Präsident Ulrich Caspar. „Eine zusätzliche Belastung der Unternehmen ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern könnte die Wettbewerbsfähigkeit unserer polyzentrischen Region gefährden.“ Stattdessen müsse das Land den Nahverkehr stärker finanziell unterstützen.

Selbst aus der eigenen Koalition erntet Siefert Widerspruch. Die FDP befürchtet Standortnachteile. „Wir brauchen nicht immer neue Ideen, die uns bei Ansiedlungs- und Haltungsbemühungen wie Mühlsteine um den Hals hängen“, rügt Wirtschaftsdezernentin Stefanie Wüst (FDP). In den Betrieben herrsche schon viel Unruhe wegen Corona, Personalmangel und Preissteigerungen. „In dieser Situation mal eben Ideen zu einer City-Maut oder einem zusätzlichen Gästebeitrag zu ventilieren, wirkt wie blanker Hohn.“

Hessen fördere den ÖPNV zu wenig, so FDP-Römer-Fraktionschef und Landtagsabgeordneter Yanki Pürsün. „Entscheidend ist ein attraktives Angebot, um mehr Fahrgäste zu gewinnen und nicht eine neue Zwangsabgabe.“ Dennis PFeiffer-Goldmann