Die Sperrung des Mainkais wirkt sich spürbar auf den Stadtteil aus, wie die Analyse eines Navi-Herstellers zeigt
VON FLORIAN LECLERC
Die Bürgerinitiative „Sachsenhausen wehrt sich” klagt seit Mo naten, dass der Autoverkehr im Süden der Stadt durch die Sperrung der nördlichen Mainuferstraße zugenommen habe. Diese Einschätzung stützte sich bislang auf Momentaufnah men, auf Beobachtungen, Fotos, Videos. Nun werden die An gaben durch eine Verkehrsanalyse des Navigationsgeräteher stellers Tomtom weitgehend bestätigt. Auf Anfrage der Frankfurter Rundschau hat Tomtom die Ver kehrssituation vor und nach der Mainkai-Sperrung auf ver schiedenen Straßen in Sachsenhausen analysiert. Erfasst wurde der morgendliche und abendliche Berufsverkehr in der Zeit von 6 bis 9 Uhr sowie von 15 bis 19 Uhr, am Freitag von 12 bis 18 Uhr, weil an diesem Tag die Rushhour früher be ginnt und endet.
Die Auswertung beleuchtet Abschnitte der Gartenstraße, des Schaumainkais, der Schweizer Straße und der Untermainbrü cke. Die Daten beruhen auf Hochrechnungen in der Zeit vom 1. Januar bis 29. Juli 2019 – vor der Sperrung – sowie vom 30. Juli 2019 bis 31. Januar 2020 – nach der Sperrung. Grundlage sind die Daten der Tomtom-Navigationsgeräte, von Automo bilkonzernen und Apple-Smartphones. Auch die Stadt Frank furt nutzt Tomtom-Daten, um den Verkehrsfluss auf der Platt form Mainziel.de darzustellen.
Wie die Auswertung zeigt, brauchen Autofahrer auf dem Schaumainkai, der Untermainbrücke in Richtung Sachsenhau sen und der Schweizer Straße nun deutlich länger als vor der Mainkai-Sperrung. Die Gartenstraße ist hingegen kaum be troffen. Auf dem Schaumainkai in Richtung Westen nahm die Fahrtzeit den Angaben zufolge morgens um 84 Sekunden zu. Abends waren Autofahrer 96 Sekunden länger unterwegs. Betrachtet wurde ein 1344 Meter langer Abschnitt. Die Durchschnittsge schwindigkeit nahm in beiden Fällen um acht Stundenkilome ter ab. Autos kamen im Durchschnitt nur mit 16 bis 17 Stun denkilometern voran. Auf dem Schaumainkai in Richtung Osten ist das Bild ähnlich. Autofahrer brauchten morgens neun Sekunden, am Abend 114 Sekunden länger. Auf der Untermainbrücke in Richtung Sachsenhausen floss der Autoverkehr den Angaben zufolge ebenfalls deutlich lang samer. Hier kam es am Morgen zu Verzögerungen von 16 Se kunden, am Abend von 67 Sekunden. In anderen Worten brauchten Autofahrer abends für das kurze Stück von 274 Metern etwas mehr als zwei Minuten statt einer Minute Fahr zeit. Keine Auswirkungen hat die Mainkai-Sperrung laut Tomtom auf die Gartenstraße in Richtung Osten, einen 463 Meter lan gen Abschnitt. Hier blieben die Fahrzeiten und die Durchschnittsgeschwindigkeit weitgehend gleich – morgens und abends kamen Autofahrer sogar vier bis fünf Sekunden schneller durch.
Auf der Schweizer Straße nach Norden, einer 1018 Meter lan gen Strecke, zeigt sich indes eine Zunahme der Fahrtzeit mor gens um 59 und abends um 43 Sekunden. In Gegenrichtung sind es morgens elf und abends 68 Sekunden mehr. Tomtom weist allerdings darauf hin, dass diese Daten nicht auf die Se kunde genau zu interpretieren seien, weil sich die gemessene Strecke während der Untersuchung von 1021 auf 1040 Meter verlängert habe. „Auf einigen Straßenabschnitten in Sachsenhausen haben sich die Fahrzeiten infolge der Mainkai-Sperrung deutlich ver längert”, hielt ein Tomtom-Sprecher fest. Das Verkehrsdezernat unter Stadtrat Klaus Oesterling (SPD) hat angekündigt, eine Analyse der Verkehrsverlagerung in Sachsenhausen vorzustellen. Schon im März 2018 wurden die Fahrzeugmengen auf sieben Ausweichrouten zur Mainkai Strecke festgehalten. Eine erneute Zählung in diesem Monat soll zum Vergleich herangezogen werden. Auf dem Mainkai waren vor der Sperrung 20 000 Fahrzeuge am Tag unterwegs. Die Ergebnisse sollen voraussichtlich im Verkehrsausschuss am 28. April präsentiert werden, teilte ein Sprecher des Ver kehrsdezernats mit.