Eine neue Art des Anruf-Sammeltaxis könnte das Angebot in der Stadt verbessern – Testlauf in zwei Teilen von Frankfurt möglich.

  • Neue Art von Sammeltaxi soll Mobilität verbessern
  • Zwei Stadtteile von Frankfurt zeigen bereits Interesse
  • Im Umland von Frankfurt wird das Konzept bereits eingesetzt

Frankfurt – Ein Knopfdruck in der App, ein paar Minuten später hält ein elektrisch betriebener Kleinbus an der nächsten Straßenecke und nimmt den Fahrgast mit zum Ziel. Dorthin geht es aber nicht auf direktem Weg: Entlang des von Computer-Algorithmen berechneten, besten Fahrtwegs werden andere Fahrgäste abgesetzt und neue Passagiere steigen zu.

So könnte der Nahverkehr der Zukunft auch in Frankfurt aussehen, zumindest in Teilen der Stadt. Das Ridepooling genannte Konzept – vom Englischen “ride” für Mitfahren und “to pool” für bündeln – ähnelt dem des Anruf-Sammeltaxis (AST). Bloß ohne Anruf und ohne feste Fahrtroute.

“Damit könnte der Nahverkehr im Frankfurter Norden erheblich verbessert werden”, ist der Ortsvorsteher von Nieder-Erlenbach, Yannick Schwander (CDU), überzeugt. Er fordert einen Testlauf für das Ridepooling in “seinem” Stadtteil, gern auch nebenan in Harheim und Nieder-Eschbach.

“Wir fühlen uns hier im Norden schon relativ abgehängt”, sagt Schwander. Als einziger Stadtteil hat Nieder-Erlenbach keinen Nahverkehrsanschluss per Schiene, nicht einmal einen in der Nähe, zum Beispiel am Ortsrand. Auch gebe es kein Car-Sharing-Angebot, nicht einmal Leihfahrräder. “Nieder-Erlenbach wird sehr stiefmütterlich behandelt”, seufzt der Ortsvorsteher.

Frankfurt: RMV hat 20 Millionen Euro für “On-Demand”-Projekte

Im Dezember hatte der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) Fördergelder vom Bund für den Ausbau von “On-Demand”-Angeboten im Nahverkehr erhalten, bei denen Fahrgäste sich ihr Mobilitätsangebot bei Bedarf bestellen. 20 Millionen Euro fließen dafür an den RMV und seine Partner. Für Schwander ist klar: Nieder-Erlenbach und der Frankfurter Norden sind das ideale Testgebiet. Schon im Herbst hatte der Ortsbeirat genau das beantragt.

Besonders abends und am Wochenende sei die Nachfrage so schwach, dass Kleinbusse genügten, finden Ortsvorsteher und Ortsbeirat. Diese könnten ohne festen Fahrplan, ohne feste Haltestellen zu den S- und U-Bahn-Stationen in Berkersheim, Frankfurter Berg, Preungesheim, Bonames und Nieder-Eschbach fahren und umgekehrt. Fahrgäste würden den Kleinbus per Smartphone-App bestellen. Für sie würde der Nahverkehr bequemer, schneller und auch sicherer, sagt Yannick Schwander.

Er sieht es auch als Beitrag zum Klimaschutz: “Damit wird der Nahverkehr gerade in den Randzeiten attraktiver.” Das könne dazu beitragen, Autofahrten zu verhindern – besonders in die Innenstadt. Abends und am Wochenende nutzten viele Menschen vom Stadtrand aus bisher lieber das Auto für die Fahrt in die City.

Zuletzt habe er über Silvester bei einem Besuch in Hamburg erlebt, dass das Ridepooling gut funktioniere, erzählt Schwander. Dort bietet es die VW-Tochter Moia mit Elektro-Kleinbussen an. Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) lehnt solch ein privatwirtschaftliches Ridepooling jedoch ab, weil das den Nahverkehr schwäche. Allerdings räumte er zuletzt ein: “Als tariflich integriertes Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs kann Ridepooling in Zeiten und Räumen schwacher Nachfrage einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Umweltverbundes leisten.”

Deshalb fordert der Verkehrsexperte der Stadt-CDU, Frank Nagel, dass ein solches Angebot voll ins RMV-Tarifsystem eingebunden, in der Fahrplanauskunft angezeigt werden und die Bestellung direkt per Knopfdruck in der App möglich sein müsse. “Das geht bis heute leider immer noch nicht”, erklärt Nagel, obwohl der RMV bereits die Technik im Hintergrund bereitstelle. Er lobt, dass der RMV nun die Fördergelder des Bundes dafür einsetze.

Ridepooling in Frankfurt: Bewährtes Konzept, moderne Nutzung

Hinter dem Ridepooling stecke ein bewährtes Konzept, aber mit der zeitgemäßen Nutzung per App statt Telefonanruf. “Das ist das Anruf-Sammeltaxi 2.0”, sagt Nagel. Er schlägt vor, das neue Angebot neben dem Norden auch im Westen der Stadt einzuführen. Dort gebe es ganz andere Bedürfnisse: Orten wie Sindlingen und Zeilsheim fehlten in den nachfrageschwachen Zeiten – teils sogar komplett – Nahverkehrsverbindungen in die Main-Taunus-Nachbarorte wie Hattersheim und Hofheim. Die S-Bahn-Stationen liegen in dieser Gegend oftmals unattraktiv am Rand der Stadtteile.

Yannick Schwander schlägt vor, den AST-Verkehr zunächst als Ergänzung zum normalen Bus-Angebot einzuführen und zu beobachten, wie sich die Fahrgastzahlen entwickelten. Experte Nagel will in Zeiten schwacher Nachfrage gleich ganz aufs Ridepooling setzen. “Es ist daher wichtig, dass es voll integriert wird ins Angebot des Nahverkehrs.”

Den Komfort der virtuellen Bushaltestelle vor der Haustür bekämen die Fahrgäste aber wohl nicht umsonst: Ein Komfortzuschlag von ein oder zwei Euro wird dafür wohl berechnet werden, räumt Frank Nagel ein. Das hat vor allem rechtliche Gründe: Das Angebot des AST 2.0 kommt dem der Taxen schon sehr nahe. 

Dennis Pfeiffer-Goldmann

Im Umland von Frankfurt im Angebot

Anruf-Sammeltaxi-Verkehr (AST) gibt es im Frankfurter Umland vielfach, etwa in Hofheim und Karben. Die Taxen fahren abends entlang der (Tages-)Busrouten, lassen Fahrgäste aber auch in umliegenden Bereichen aussteigen. Die Mitfahrt muss telefonisch vorbestellt werden und es wird ein Komfortzuschlag zwischen einem und zwei Euro fällig.

In Frankfurt gibt es keinen AST-Service. Zuletzt gab es Vergleichbares in den 1970er-Jahren, als Kuhwaldsiedlung und Rebstock derart mit der Straßenbahnstation Messe verknüpft waren.

Seit einem halben Jahr fährt der “Hopper” als echtes Ridepooling ohne feste Fahrtrouten oder Fahrpläne durch Hainburg, Seligenstadt und Mainhausen sowie zum Hanauer Hauptbahnhof. Fahrgäste bestellen eine Fahrt ad hoc per App oder per Telefonanruf. Etwa alle 250 Meter gibt es einen Haltepunkt. Die Fahrt kostet 2,60 Euro plus 20 Cent je Kilometer (ab zwei Kilometern), mit RMV-Fahrschein einen Euro plus den Kilometerpreis.