Frankfurt – Auf mehr als anderthalb Jahrzehnte Großbaustelle müssen sich alle rund um den Hauptbahnhof einstellen. Bevor die Bahn den neuen ICE-Tiefbahnhof auf der Südseite der Station in die Erde gräbt, wird die Stadt im ganz großen Stil Straßen und Plätze im Umfeld des Verkehrsknotens umbauen.

Dafür drängt die Zeit, denn die Planungen sind noch lange nicht fertig. Es eilt, da die Bahn mit den Bauarbeiten für den Fernbahntunnel und Tiefbahnhof Anfang der Dreißigerjahre loslegen will. Und zuvor muss die Stadt die Tram-Haltestelle Hauptbahnhof von zwei auf vier Gleise erweitern. Denn schon von Ende 2025 sollen hier deutlich mehr Straßenbahnen rollen. Bauen kann die Stadt die neue Haltestelle jedoch nur in einem engen Zeitfenster von 2027 bis 2029. Nur in diesem Zeitfenster benötigt die Bahn die Flächen für die Baustelleneinrichtung vor dem Hauptbahnhof nicht selbst.

Wegen dieses Zeitplans haben die Stadtverordneten gerade den 40 Millionen Euro teuren Haltestellen-Umbau mit dem Stadt-Anteil von fast drei Millionen freigegeben. Dieser und der Fernbahntunnel führen dazu, dass weitere Straßenumbauten nötig werden. Deren Planungen wolle er in den nächsten Monaten nach und nach vorlegen, kündigt Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) an. Das ist bisher bekannt:

■ Tramstopp Hauptbahnhof

Die Straßenbahn-Haltestelle Hauptbahnhof erhält beim Ausbau vier Gleise mit zwei Mittelbahnsteigen. Sie wird 80 statt 60 Meter lang, damit zwei der neuen, 40 Meter langen XL-Trams hinter einander halten können. Auch sollen die Busse der Linie M46/64 am Bahnsteig halten. Neue Fußgängerüberwege sind vom Hauptbahnhof zur Taunusstraße und zum Wiesenhüttenplatz vorgesehen.

■ Düsseldorfer Straße

Da die Busse künftig mit den Trams auf einer Trasse fahren, muss diese in der Düsseldorfer Straße breiter werden. Dafür ist ein Umbau der Straße nötig. Selbst über eine Sperrung der Durchfahrt nach Norden denkt man im Dezernat nach. „Die Straße war in letzter Zeit öfter monatelang gesperrt, das führte nicht zu Problemen“, erinnert Dezernent Siefert. Autos führen dann via Karlstraße zur Mainzer Landstraße. Großer Vorteil: Die verstopfte Kreuzung Platz der Republik würde entlastet.

■ Platz der Republik

Weil künftig Linienbusse von der östlichen Mainzer Landstraße in die Düsseldorfer Straße links abbiegen, wird ein Umbau der Kreuzung nötig. Denn die Busse müssen hier auf die gemeinsame Kombispur mit der Tram einbiegen, um die gemeinsame Haltestelle Hauptbahnhof zu erreichen. Da auch mehr Trams verkehren sollen, müsse die Leistungsfähigkeit erhöht werden, heißt es aus dem Mobilitätsdezernat. Was das konkret bedeutet, ist noch unklar. Denkbar könnte sein, dass die Haltestelle um ein Gleis erweitert wird, damit sich Straßenbahnen geradeaus zur Messe und links ab zur Galluswarte nicht gegenseitig blockieren.

■ Gutleutstraße

Weil in der Mannheimer Straße die Baugrube für den ICE-Tiefbahnhof entsteht, muss zuvor eine rund 800 Meter lange Umleitungsstrecke für die Straßenbahnen durch die Gutleutstraße zum Depot Gutleut gebaut werden. Das sei Aufgabe der Bahn, erklärt Dezernent Siefert. Die Stadt wolle das aber nutzen, um die ohnehin vorgesehene Tram-Strecke bis zum Briefzentrum zu bauen. Das sind weitere rund 1,5 Kilometer.

■ Baseler Platz

Für den Anschluss der Gutleut-Straßenbahn an die Bestandsstrecke muss der komplette Baseler Platz umgebaut werden. Planungen und Abstimmungen dafür laufen ebenfalls intensiv im Hintergrund, wie Dezernent Siefert betont, sind aber bisher weder fertig, noch öffentlich.

Erste Ideen sehen gemäß Informationen dieser Zeitung vor, dass es keinen Kreisverkehr mehr geben soll. An der Südwestseite des Baseler Platzes soll eine Wendestelle für Straßenbahnen entstehen, als Ersatz für die Wendeschleife in der Pforzheimer Straße. Auch sie wird wegen des Tiefbahnhof-Baus abgekoppelt.

■ Taunusstraße

Zur Sackgasse muss die Taunusstraße werden, da die längere Tram-Haltestelle Hauptbahnhof die Ausfahrt teils blockiert. Auch sei das aus Kapazitätsgründen notwendig, damit der Autoverkehr am Hauptbahnhof weiter ordentlich fließen könne, erklärte Hartwig Meier, Planungschef der städtischen Nahverkehrsorganisation Traffiq, kürzlich im Mobilitätsausschuss im Römer. Die Umbaupläne unterstützt die CDU-Fraktion zwar. Bei der Planung fehle eine Verkehrsuntersuchung für das gesamte Bahnhofsviertel, die aufzeige, wie der Verkehr künftig weiter funktioniere, bemängelt der verkehrspolitische Sprecher, Frank Nagel.

Die CDU scheiterte aber in der jüngsten Plenumssitzung damit, deswegen das Projekt Taunusstraße zurückzustellen. Stadtrat Siefert räumt ein: Der „quartiersübergreifende Kfz-Verkehr“ müsse sich dann „neue Routen suchen. Sowohl durch den Hafentunnel, die Taunusanlage und die Mainzer Landstraße sei mehr Verkehr zu erwarten. Eine Verkehrsuntersuchung dazu will Siefert binnen eines Jahres nachliefern.

Seine Leute feilen zudem noch an den Umbauplänen für die Taunusstraße. Sie soll zur „Fahrradachse“ in die Innenstadt werden, so wie die Kaiserstraße eine „Fußgängerachse“ und die Münchener Straße „ÖPNV-Achse“ sein sollen. Die Taunusstraße will Siefert gleich nach der Haltestelle am Hauptbahnhof umbauen. Er kündigt „eine quartiersbezogene Verkehrsplanung fürs Bahnhofsviertel“ an. Dennis Pfeiffer-Goldmann

KOMMENTAR

Die Eile ist wichtig – aber selbst verursacht

VON DENNIS PFEIFFER-GOLDMANN

Mit viel Tempo plant die Stadt die diversen Umbauten von Straßen und Plätzen rund um den Hauptbahnhof. Das ist doppelt gut: Erstens, weil die Zeit drängt und die Arbeiten in engen Zeitfenstern erledigt werden müssen, die während der vielen Bahn-Bauarbeiten im und am Hauptbahnhof verbleiben. Zweitens, weil diese Investitionen überfällig sind. Mit ihnen wird nicht nur der Straßenbahn- und Busverkehr gestärkt, er nutzt auch Radfahrern und Fußgängern. Und das Auffrischen der vielen heruntergekommenen Ecken ist per se dringend, um die Lage im Bahnhofsviertel zu verbessern. Dafür scheint es vertretbar, wenn die Stadtverordneten im Schweinsgalopp Ja sagen müssen: Diesen Stress aber hat die langjährige Untätigkeit mehrerer Dezernenten und Koalitionen verursacht, seit die Bahnhofsvorplatz-Ideen vorliegen: seit 2009. Manche werden sagen: Was für ein Glück, denn inzwischen muss alles ganz anders werden. Doch verhindert diese Schlafmützigkeit nun eine intensive Diskussion. Dabei werden die vielen Umbauten das Eingangstor der Stadt für mehrere Generationen prägen. Das hätte mehr Umsichtigkeit statt Hast verdient gehabt.