Der Aktionstag für den autofreien Straßenabschnitt wird auch zur politischen Bühne
Von Oliver Teutsch
Eine Radfahrdemo in Corona-Zeiten ist keine Tour-de-France-Etappe. Das mussten am Samstag auch die rund 100 Genossinnen und Genossen erfahren, die sich aus Bockenheim und Eschersheim auf den Weg zum Mainkai machten. „Bitte drei Meter Abstand halten und Masken auf“, bittet eine der Ordnerinnen zu Beginn der Demo am Weißen Stein. Kein Vergnügen, bei den sommerlichen Temperaturen mit Maske zu radeln, aber was tut man nicht alles im Wahlkampf, denn genau dort ist die SPD am Samstag angekommen. Da macht auch Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) keinen Hehl draus. Auf die Frage, ob er schon im Wahlkampf sei, antwortet er: „Na logo“. Es sind Grüne und SPD, die sich an diesem Samstag zur Mainkai-soll-autofrei-bleiben-Partei aufschwingen. Die Initiative „Making Frankfurt“ hat dazu eingeladen, den noch bis kommenden Freitag autofreien Mainkai mit alternativen Ideen zu bespielen. Die Grünen bieten ihren verkehrspolitischen Sprecher Wolfgang Siefert auf. An das Gemäuer des Historischen Museums hat er Entwürfe des bereits in der vergangenen Woche vorgestellten Konzepts einer menschengerechten Innenstadt mit mehr Grün und weniger Autos gepinnt. Am Speakers Corner skizziert er die Vision im Schnelldurchlauf und erhält dafür Applaus von den etwa 100 Zuhörern. Nachdem die SPD das Konzept in der vergangenen Woche kritisiert hatte, weil dort nicht explizit ein autofreier Mainkai erwähnt wird, betont Siefert: „Für die Grünen bleibt der Mainkai ein für alle Mal zu.“ Wieder gibt es Applaus. Als Siefert Verständnis für den Koalitionspartner CDU aufbringt, schnauzt ein Zuhörer: „Dann wähl’ doch CDU.“
Mehr Aufenthaltsqualität wird gefordert
Die SPD bietet am Mainkai neben ihren radelnden Demonstranten Oberbürgermeister Peter Feldmann, Planungsdezernent Mike Josef und Oesterling auf. Feldmann hat inhaltlich nicht viel zu sagen, außer, dass er sich bei allen Beteiligten des Aktionstags für ihr Engagement bedanke und dass er sich sehr gefreut habe, an einem Stand mit seiner Tochter Radieschen in einen Topf säen zu können. Planungsdezernent Josef stellt noch mal klar, dass es aus städtebaulicher Sicht Sinn ergebe, aus der dreispurigen Straße einen Tiefkai mit mehr Aufenthaltsqualität zu machen. „Hamburg hat das mit dem Jungfernstieg geschafft, und was Hamburg kann, kann auch Frankfurt“, so der Dezernent. Wieder gibt es Applaus. All das scheint an Verkehrsdezernent Oesterling abzuperlen. Er gehe nicht davon aus, dass die CDU noch erleuchtet werde und also würden ab dem 1. September, wenn der zwölfmonatige Verkehrsversuch endet, wieder Autos über den Mainkai rollen. „Dann wird es halt im März entschieden“, glaubt Oesterling und frohlockt fast, als er auf eine Umfrage der Stadt zu sprechen kommt, die am Donnerstag veröffentlicht werden soll. Er dürfe noch nicht so viel verraten, aber vielleicht gebe es in der Umfrage ja eine klare Mehrheit für einen autofreien Mainkai und weniger Autos in der Innenstadt. Oesterling verweist noch auf Anne Hidalgo. Die Bürgermeisterin von Paris hatte sich für mehr Radwege und weniger Autos in der Innenstadt starkgemacht und war mit großer Mehrheit wiedergewählt worden. Die SPD scheint den Mainkai als Faustpfand für eine erfolgreiche Kommunalwahl nutzen zu wollen.
CDU vermisst Entlastung für Ausweichstrecken
Von der Buhmann-Partei hat sich Frank Nagel an den Mainkai getraut. Der CDU-Verkehrsexperte räumt ein, dass seine Partei bei dem Thema nicht viel zu gewinnen habe. Nagel zufolge hätte während des Verkehrsversuchs aber mehr für die Entlastung der Ausweichstrecken getan werden müssen. Andrea Jürges hat sich die Beiträge interessiert angehört. Die stellvertretende Direktorin des Architekturmuseums und Mitinitiatorin von „Making Frankfurt“ ist „schwer beeindruckt“. Weniger von den politischen Statements als von der enormen Vielfalt des Angebots beim Aktionstag. „Man kann nicht einfach zusehen, wie das im Nichts verschwindet.“ Sie hadert ein bisschen, dass nach der Schließung im vergangenen Jahr nicht mehr passiert ist. „Es reicht doch nicht aus, dass das eine Fahrradrennstrecke ist.“ Jetzt wird aber wohl erst nach der Kommunalwahl etwas passieren.