Frank Nagel, Chef des Vereins “Historische Straßenbahn”, hat die Fahrberechtigung für alle Schienenfahrzeuge der VGF.
50 neue Politiker gibt es in der 93 Parlamentarier zählenden Stadtverordnetenversammlung. In einer Serie werden sie an dieser Stelle porträtiert. Heute: Frank Nagel (CDU).
Frankfurt – Frank Nagel (56) dreht am Handrad, die Straßenbahn der Linie 18 nimmt Fahrt auf. Von der Konstablerwache geht es Richtung Battonnstraße. So ungewöhnlich wie die Oldtimer-Tram der Baureihe O aus dem Jahr 1969 ist auch ihr Fahrer: im Hauptberuf Inhaber einer Beratungsfirma und einer Werbeagentur, Verkehrsexperte und seit Frühjahr CDU-Stadtverordneter.
Bis in den Römer war der Weg für ihn weder vorgezeichnet noch gradlinig. Aus einer Ur-Frankfurter Familie stammend, lernte er Werbekaufmann, studierte dann an der Goethe-Uni Betriebswirtschaftslehre und Kunstgeschichte. Er stieg in der elterlichen Werbeagentur im Westend mit ein. Die führt er bis heute mit seinem Vater – und noch ein Beratungsunternehmen mit seiner Frau mit heute 18 Mitarbeitern, davon gleich vier Auszubildende.
Die Beratungsagentur macht sich ab den Neunzigerjahren einen Namen, da der technikaffine Inhaber früh auf Online- und digitalen Konzepte setzt. War es anfangs mehr Kulturmanagement, sind es heute fast nur öffentliche Auftraggeber aus dem Nahverkehrsbereich. So führt Nagel zum Beispiel die Kommunikation für den S-Bahn-Ausbau auf der Taunusbahn. In Frankfurt hält er sich inzwischen heraus – um jeden Verdacht zu vermeiden, er vermische Politisches und Berufliches.
Ehrenamtlich ist er seit 1995 in der Industrie- und Handelskammer (IHK) aktiv, 2019 wurde er sogar einer ihrer Vizepräsidenten. Da ist er natürlich zuständig für Verkehr, Logistik und Tourismus. Die Logistik mit Binnenschifffahrt und Luftverkehr ist seit dem Studium sein Lieblingsthema. “Das sind mit die wichtigsten Wirtschaftsfaktoren für Frankfurt”, sagt Nagel. In der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft ist er an vorderster Front auch in der Förderung der Forschung involviert.
Zusammen mit seinem besten Freund vertiefte er sich ab den Achtzigerjahren auch in die Historie des Frankfurter Nahverkehrs. So lag es nahe, dass er, als die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) 2005 den Trägerverein für das Verkehrsmuseum Schwanheim aus der Taufe hob, nach kurzer Zeit Vorsitzender wurde. Das ist er bis heute. Ebenfalls während der Studiums arbeitete er als studentische Aushilfe als U-Bahn-Fahrer, hat seitdem die Fahrberechtigung für alle Schienenfahrzeuge der VGF. Sitzt Nagel heute hin und wieder am Fahrhebel, ist er offiziell Angestellter der VGF.
Der Einsatz für andere Verkehrsmittel als das Auto hat ihm innerparteilich längst den Stempel “Grünen-Versteher” eingebracht. Tatsächlich tüftelte er in der vorigen Wahlperiode im Hintergrund manchen Kompromiss mit SPD und Grünen aus, derentwegen die sonst streitlustige Koalition bei Verkehrsthemen oft geräuschlos vorankam, siehe der Ausbau des Radverkehrs.
Vor 15 Jahren in die CDU eingetreten
Erst 15 Jahre her ist es, dass er sich der CDU zuwandte. “Man muss Mitglied einer Partei sein, wenn man die Verkehrswende hinkriegen will”, sagt Nagel. Die CDU sehe das undogmatischer als alle anderen. Es dürfe weder das Fahrrad alleine bevorzugt werden, noch das Auto verteufelt. Den Bürgern müsse ein gutes Angebot gemacht werden, wenn die Politik wolle, dass sie im Sinne des Klimaschutzes umsteigen.
Lange Jahre führte Nagel die CDU-Verkehrspolitik aus der Partei heraus, gefördert vom langjährigen Fraktionschef Helmut Heuser, bis er jetzt in den Römer gewählt wurde. In der CDU führt er seit zehn Jahren den Stadtverband Schwanheim / Goldstein.
Das alles bekommt er “nur mit gutem Zeitmanagement” hin, räumt Nagel ein. Es gibt ja auch noch Sohn (18) und Tochter (20). Immerhin sind die Wege zu ihnen kurz: Die Familie lebt mit drei Generationen und den Unternehmen unter einem Dach.
Einen Ausgleich bot Nagel lange das Golfen. Als er sechs Jahre alt war, hatte sein Vater ihn dafür begeistert. Er wurde sogar dreimal deutscher Mannschaftsmeister. Heute joggt Nagel eisern jeden Morgen eine Stunde lang. Geht es danach zum Termin, rollt der Hansdampf meist per Elektro-Fahrrad vor. Oder er darf wieder vorn in der Fahrerkabine sitzen, so wie in der Oldtimer-Straßenbahn auf der Linie 18. Die hat ihre Endstation Louisa nun erreicht. Frank Nagel seine in der Politikerlaufbahn aber wohl noch nicht.