Die Schnupperfahrt riecht nach Neuwagen
FRANKFURTER NORDEN – CDU-Wahlkampfveranstaltung gibt Einblicke in die neuen Rufbusse
Reifen auf dem nassem Asphalt der Berkersheimer Bahnstraße auf Harheimer Seite: Das Platschen und Rauschen ist deutlich zu hören. So leise ist der Elektromotor des “Mercedes eVito Tourer PRO” – der Kleinbus, wie er als Rufbus von Sonntag, 3. Oktober, an durch den Frankfurter Norden fahren wird. Drinnen riecht es nach Neuwagen. Der Elektromotor und die Automatikschaltung lassen das Auto sanft anfahren. Die acht Fahrgäste, die in dem Kleinbus Platz haben, könnten also getrost einen heißen Kaffee-to-go auf der Fahrt schlürfen, ohne fürchten zu müssen, dass der Bus so stark ruckelt und sie sich den Mund verbrühen.
Eine Wahlkampf-Veranstaltung der CDU-Bundestagkandidatin Bettina Wiesmann erlaubte Journalisten eine kleine Spritztour mit dem Bus. Die Christdemokraten hatten sich dafür eingesetzt, dass das On-Demand-Angebot (der englische Ausdruck “on demand” heißt “auf Abruf”) eingesetzt: Besonders in Harheim und Nieder-Erlenbach und besonders laut, als Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) das Projekt kurzzeitig wegen der klammen Stadtkasse einstampfen wollte.
In den Stadtteilen wartet man schon
Die Reaktion in den Stadtteilen auf die Absage beschreibt Nieder-Erlenbachs Ortsvorsteher Yannick Schwander (CDU): “Wenn das nicht kommt, können wir überhaupt auf Verbesserungen im Verkehr hoffen?” An den Rändern der Stadt, die sich oft vom Römer in der Innenstadt nicht gesehen fühlten, sei das Projekt also schon vor dem Start registriert worden. Das bestätigt auch Frank Immel (CDU), Ortsvorsteher in Harheim. Besonders Eltern mit jugendlichen Kindern machten sich Sorgen, wie ihre Kinder in Partynächten nach Hause kämen, sagt Immel. “Für sie ist das ein interessantes Angebot.”
Die Busse sollen in den Stadtteilen Harheim, Bonames, Nieder-Eschbach und Nieder-Erlenbach sowie bis zum S-Bahnhof in Berkersheim fahren.
Das Prinzip der Rufbusse funktioniert so: Mit der App “ioki” oder mit einem Anruf kann man eine individuelle Busfahrt buchen. Man gibt Start- und Zielpunkt an, etwa vom eigenen Wohnort zum Supermarkt. Gibt es mehrere Buchungen mit gleicher Fahrtrichtung, errechnet die App eine Route, die die Fahrten verbindet. Für eine Fahrt zahlen Fahrgäste einen Grundpreis von zwei Euro, der entfällt, wenn man eine gültige Fahrkarte hat. Hinzu kommt ein “Komfortzuschlag” von einem Euro und noch einmal 0,30 Euro pro Kilometer.
Insgesamt 74 Busse in zehn hessischen Städten und Gemeinden werden bei dem Pilotprojekt des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) eingesetzt. Der Bund fördert das Projekt mit 24 Millionen Euro sagt Bundestagskandidatin Wiesmann. Im Frankfurter Norden werden drei Busse eingesetzt. Zu wenige, finden die CDU-Politiker. “Geplant waren ursprünglich 30 Fahrzeuge”, sagt Frank Nagel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU. Aus seiner Sicht bräuchte es mindestens 15 Kleinbusse.
Zu wenige Busse für einen Erfolg
Da es so wenige Busse sind, können die Nachbar-Stadtteile und -Gemeinden nicht angefahren werden. Der Bus fährt also nicht nach Bad Vilbel, obwohl dort die nächste Einkaufsmeile wäre. Dabei sei Vernetzung zwischen Orten und Ortsteilen die Grundidee des Projekts, sagt Wiesmann. Zudem kritisiert Schwander, dass die Busse am Wochenende nicht die ganze Nacht fahren werden. Für die jungen Menschen, die von der Party nach Hause wollen, ist das ein Problem. “Hier muss die neue Koalition nachbessern.” Befürchtungen, dass mehr Rufbusse die meiste Zeit nur rumstehen und Geld kosten würden, hat von den Anwesenden niemand. “Es ist ein Pilotprojekt”, sagt Nagel. Würde sich zeigen, dass es weniger Busse in Frankfurt brauche, könnten diese in Limburg, Darmstadt oder einer anderen der zehn teilnehmenden Gemeinden eingesetzt werden. Friedrich Reinhardt