Städtische Vorgaben zum Abstellen greifen nicht – GPS-Ortung viel zu ungenau

Frankfurt – Obwohl weitere Stellplätze für E-Scooter entstehen, bekommt Frankfurt das Problem wild abgestellter Elektro-Tretroller nicht in den Griff. Die Leihgeräte blockieren vielfach Geh- und Radwege, Zufahrten und Ausgänge. Dazu trägt auch bei, dass sich Anbieter zurückhalten, die städtischen Vorgaben gegenüber ihren Kunden streng durchzusetzen.

Dass nicht wenige, oftmals junge E-Scooter-Fahrer rücksichtslos über Wege, Straßen, durch Fußgängerzonen rasen: Nur sehr selten ahndet das die Polizei. Wenn die Kunden die Leihroller dann abstellen, machen viele das ebenso rücksichtslos. Wenigstens diesem Problem will die Stadt einen Riegel vorschieben: Sie hat im April begonnen, E-Scooter-Stellplätze auszuweisen. Im Umkreis von 100 Metern gilt Parkverbot.

Doch rund um die ersten Roller-Parkplätze in der Berliner und der Baseler Straße parken E-Scooter weiter kreuz und quer, auch innerhalb des Bannkreises. Ein Nutzer führt es vor: Er will die Miete in der „Roten Zone“ trotz Parkverbots beenden. Die App erklärt ihm, dass sein Standort nicht ganz genau ermittelt werden könne und er angeben solle, ob er korrekt parkt. Antwortmöglichkeiten: „Ich bin im Roten“ oder „Ich kann hier tatsächlich parken“. Mit Klick auf das zweitere beendet der Kunde die Miete einfach – mitten im Parkverbot.

Ein Ärgernis und eine Gefahr

Als Frank Nagel das sieht, schüttelt er den Kopf. „Das zeigt, dass die städtischen Vorgaben nicht wirken“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion. „Schlecht geparkte und im Weg herumliegende E-Scooter sind ein Ärgernis und eine Gefahr.“ Genauso wie bei falsch abgestellten Autos und Fahrrädern müsse die Stadt aktiv werden.

Das Problem: Die GPS-Satellitenortung der Roller ist zu ungenau. Offiziell gilt eine Abweichung von sieben Metern im Durchschnitt als Standard, es können aber auch 15 oder 20 Meter sein. Ob ein Scooter auf der Abstellfläche oder dem Gehweg daneben steht, erkennen die GPS-Satelliten nicht exakt. Dabei verlässt sich die Stadt genau auf diese Ortung der Anbieter: Per Software werde der 100-Meter-Bereich überwacht, erklärt Wulfila Walter, Referent von Mobilitätsdezernent Stefan Majer (Grüne). Parkt einer Scooter falsch, würden die Betreiber informiert, damit sie den falsch geparkten Roller entfernen können.

Und die Ungenauigkeit? „Bisher haben wir nur wenig Anhaltspunkte, dass das nicht funktioniert“, sagt Wulfila Walter. Die Stadt müsse es aber beobachten, da die Infrastruktur noch nicht flächendeckend sei. „Im Einzelfall kommt es sicher auch zu Abweichungen“, räumt der Referent ein. „Wir haben aber nicht den Eindruck, dass das ein größeres Problem ist“, sagt der Referent. Auch gibt es offenbar keine gezielten Kontrollen: Die Überwachung sei Sache des Ordnungsamtes, aber: „Die Städtische Verkehrspolizei wird nur dann eingreifen, wenn bei Streifengängen verkehrsbehindernd abgestellte E-Scooter entdeckt werden.“ Der kalifornische Verleiher Bird nutzt inzwischen statt der manuellen Bestätigung des Kunden eine virtuelle Bestätigung. Kann der Scooter nicht exakt geortet werden, muss der Kunde ein Foto des Fahrzeugs mit dem Umfeld machen. Per Abgleich mit Fotos von Google Street View erkennt die Software dann zentimetergenau, ob der Scooter richtig geparkt ist- und nur dann lässt sich die Miete beenden. Aktuell werde das System unter anderem in Frankfurt getestet, erklärt Frank Nagel. Er hat es auch ausprobiert.

Verleihfirmen sollen selbst aktiv werden

Derartige Systeme müsse die Stadt einfordern, findet der CDU-Politiker. Schon lange fordere seine Fraktion, dass die Stadt die Verbotszonen besser überwache. Er schlägt vor, dass die Verleihfirmen selbst Fußpatrouillen stellen sollten, die falsch geparkte E-Scooter sofort umparken und umgefallene Fahrzeuge aufstellen. Die Patrouille hätte reichlich zu tun: „Nicht nur in der Innenstadt sind E-Scooter, die in der Gegend herumliegen oder an Engstellen abgestellt sind und so Passanten nicht nur behindern, sondern auch gefährden können, ein Problem“, sagt Nagel.

Das will man im Mobilitätsdezernat mit dem schnellen Ausweisen weiterer E-Scooter-Parkplätze bändigen. Nach den ersten sechs Stellplätzen seien inzwischen nahe der Zeil zwei weitere in der Schäfergasse und einer in der Brönnerstraße beschildert worden, erklärt Wulfila Walter. Beauftragt seien weitere in der Stephanstraße, Großen Eschenheimer, Biebergasse und drei in der Stiftstraße. Die Planung laufe für Standorte in der Großen Friedberger, Töngesgasse, Hasengasse, Ziegelgasse und An der Kleinmarkthalle.

Die Planung zum Ausweisen von weiteren Stellplätzen in der ganzen Innenstadt und im Bahnhofsviertel wolle das Dezernat von einem Ingenieurbüro erarbeiten lassen, kündigt der Referent an. „Ich gehe davon aus, dass wir zumindest die Planungen und Anordnungen bis März 2023 abgeschlossen haben.“ Die Umsetzung könne jedoch „nur sukzessive“ erfolgen. Dennis Pfeiffer-Goldmann

KOMMENTAR

So wird das nichts mit moderner Mikromobilität

VON DENNIS PFEIFFER-GOLDMANN

Wann nimmt das Chaos mit den E-Scootern endlich ein Ende? Nach bald einem halben Jahr mit den schärferen Regeln für die Verleihfirmen ist die Lage noch immer nicht spürbar besser geworden. Gefühlt ganz im Gegenteil: An jeder Ecke stehen oder liegen die Roller im Weg. Und wie eh und je rüpeln Roller-Kids halsbrecherisch zwischen Fußgängern, Radfahrern und Autos umher.

Oft realisieren sie nicht einmal, wie sie sich mit ihrem infantilen Spaß selbst in Lebensgefahr bringen. Wenn sie zum Beispiel in der engen Einbahnstraße dem Linienbus entgegenrasen. Bis der Busfahrer ihnen den Vogel zeigt und anhält, damit die beiden jungen Mädchen nicht unter die Räder kommen.

Die Verleiher mögen den E-Scooter noch als moderne, kleine, klimafreundliche Art der Fortbewegung bewerben. In der Breite der Bevölkerung ist das Image längst ein anderes: Wer E-Scooter fährt, dem geht es um infantilen Egoismus. Zuzuschreiben haben sich das die Verleiher selbst, indem sie ihre Nutzer trotz unzähliger Beschwerden keinen Deut zügeln – und so die Gewinne im Maximum halten. Doch auch die Stadt ist nicht unschuldig. Sie hat dem Wildwest zu lange untätig zugesehen. Nun tut sie zwar mit den Parkverboten endlich etwas Richtiges, das aber zu halbherzig und zu langsam. So werden die Tretroller niemals zu einer sinnvollen Ergänzung der städtischen Mikromobilität. Chance vertan.