Dienstag, 18. Mai 2021, Frankfurter Neue Presse / Lokales
E-Scooter-Chaos erreicht den Westen
SCHWANHEIM – Roller blockieren immer häufiger die Gehwege – Lösung gefordert
Ständiges Ärgernis: nicht nur in der Matinskirchstraße. foto: reuss
Die Szenerie an der Straße “Zur Waldau”, gleich neben der Carl-von-Weinberg-Schule in Schwanheim, erinnert an eine Kunstinstallation: Neun hellrot- bis rosafarbene E-Scooter stehen wie eine halbherzig errichtete Straßenblockade auf der Fahrbahn, dem Bürgersteig und am angrenzenden Grünstreifen. Ilona Klimroth, Ortsbeiratsmitglied der CDU, hat das bizarre Bild dokumentiert und beklagt: “Diese elektrischen Roller sind seit kurzem überall bei uns im Stadtteil zu finden – und viele Bürger stören sich daran.” Zum Problem werden die flotten Flitzer vor allem, wenn sie, wie zunehmend beobachtet, von ihren Nutzern nach Gebrauch achtlos auf Bürgersteige gelegt werden.
Die plötzliche Scooter-Flut hat einen Grund: Die schwedische Verleihfirma Voi setzt bei ihrem zweiten Anlauf, mit ihrem Angebot in Frankfurt Fuß zu fassen (wir berichteten), nicht auf die Innenstadt und auf Touristen oder Messebesucher, die es derzeit bekanntlich kaum gibt, sondern auf die Stadtteile – und damit auf die Einwohner: Mit vielen Sonderaktionen und einem Abo versuchen die Schweden, sich von der Konkurrenz abzuheben: Man zahlt einen Fixpreis für ein Quartal, ein Halbjahr oder gleich ein ganzes Jahr. Letzteres kostet 365 Euro, also einen Euro pro Tag.
Um zu verhindern, dass die Scooter-Nutzer einen Roller den ganzen Tag blockieren, ist jede Nutzung auf 45 Minuten beschränkt. Mehrere dieser Touren an einem Tag sind aber möglich.
In Schwanheim hat sich bereits politischer Widerstand gegen die Schattenseiten der umweltfreundlichen Fortbewegungsart formiert: So beklagt die CDU Schwanheim/Goldstein in einer Pressemitteilung, dass die E-Roller des Anbieters mittlerweile “massenhaft in Schwanheim und Goldstein die Gehwege zuparken”. Vorsitzender Frank Nagel fordert, dieses Fehlverhalten einzudämmen und sieht eine Möglichkeit darin, “feste Abstellorte an ausgewählten zentralen und dezentralen Plätzen einzurichten”. Hoffnung machen ihm auch zwei Oberverwaltungsgerichtsurteile, wonach das Abstellen solcher “Flotten” einer Sondernutzungserlaubnis bedürfe. “Das stationsunabhängige Aufstellen der Fahrräder oder E-Roller zwecks Vermietung stellt gemäß der Entscheidungen aus Münster und Düsseldorf eine Sondernutzung des öffentlichen Straßenraums dar – also auch der Bürgersteige”, stellt Nagel fest.
Verstöße in Dünen und Wald ahnden
Der Ortsbeirat solle in seiner nächsten Sitzung am Dienstag, 1. Juni, den Magistrat auffordern, zu prüfen, wie die Urteile auch auf Frankfurt angewandt werden können. Zudem müssten Verstöße beim Gebrauch der E-Roller in den Dünen und im Schwanheimer Wald geahndet werden – denn auch dort finden sich nach Ilona Klimroths Beobachtungen immer wieder Roller. Gemeinsam mit Jürgen Storjohann, dem neu gewählten SPD-Ortsbeiratsmitglied aus Schwanheim, will sie das Problem in den Ortsbeirat tragen.
Die Klagen dürften dort auf offene Ohren stoßen. Denn auch Ortsvorsteherin Susanne Serke (CDU) berichtet auf Anfrage dieser Zeitung von Bürgerbeschwerden und Anwohnerklagen über die Roller als Verkehrshindernisse, etwa in Höchst, Unterliederbach und ihrem Stadtteil Sossenheim. Aber auch aus eigener Anschauung weiß sie: “Neulich lagen in unserer Straße etwa vier, fünf E-Scooter hintereinander auf dem Bürgersteig.” Sehr zum Leidwesen von Müttern mit Kinderwagen, Menschen im Rollstuhl oder mit Rollator, “die nicht so einfach ausweichen können”. Es gelte nun, zu überlegen, wie der Umgang mit den E-Scootern organisiert werden könne, ohne dass es zu Behinderungen oder Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer komme.
“Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer hat für uns höchste Priorität”, betont Voi-Manager Claus Unterkircher auf Anfrage. Bürger können die geschilderten Fälle unter oi.ppaiov@troppus melden. Anfragen, die beim Ordnungsamt eingehen, würden ebenfalls an den Verleiher weitergeleitet. “Unsere Teams parken die betreffenden Scooter dann binnen der nächsten Stunden um”, verspricht Unterkircher. Voi fordere seine Nutzer zudem dazu auf, die E-Scooter nach der Fahrt ordnungsgemäß abzustellen. Dass sei auch Teil der AGB des Unternehmens. michael forst