TIMERIDE, FRANKFURT
Einmal 1891 hin und zurück
Ein Gespräch mit Jonas Rothe, Gründer und Geschäftsführer, Timeride, über die Eröffnung des Standorts in Frankfurt und die Faszination, mithilfe von Virtual Reality durch Zeiten zu reisen. Herr Rothe, Zeitreisen in die Vergangenheit oder Zukunft sind ein alter Menschheitstraum. Wie ist bei Ihnen daraus eine Geschäftsidee entstanden. Wie bei vermutlich allen Kindern und Jugendlichen war es auch mein großer Traum, durch Zeiten reisen zu können. Möglicherweise wurde das bei mir durch großartige Filme wie „Zurück in die Zukunft“ noch zusätzlich verstärkt. Während meines Kulturmanagement-Studiums habe ich mich intensiv da-mit beschäftigt, wie ein Museum der Zukunft aussehen und wie es gelingen kann, Besucher in die Geschichte eintauchen zu lassen. Dabei habe ich mich gedanklich wieder mit dem Thema Zeitreisen beschäftigt. Als ich 2015 erstmals durch eine Virtual-Reality-Brille geschaut habe, wusste ich: Das ist die perfekte Technologie, mit der man der Illusion des Zeitreisens sehr nahe-kommen kann. Gemeinsam mit meinem ehemaligen Professor habe ich daraufhin Timeride im Jahr 2016 gegründet. Was macht den Reiz einer Zeitreise aus. Ob jemand eine Zeitreise nur in seinen Gedanken oder mittels Virtual Reality unternimmt, ist zweitrangig: Immer ist es eine gewisse Flucht aus dem Hier und Jetzt, gepaart mit dem Reiz, et-was Besonderes in einem historischen Kontext zu sehen und zu erleben. Nicht selten wird dem Zeitreisenden dabei bewusst, dass auch in den oft zitierten und verklärten guten alten Zeiten nicht alles gut und schön war. Für viele Menschen ist es unglaublich spannend, solche Situationen gedanklich durchzuspielen und zu reflektieren, unter welchen Bedingungen sie in einer früheren Zeitepoche gelebt und wie sie sich verhalten hätten. Nach Köln haben Sie auch in Dresden, München, Berlin und zuletzt in Frank-furt Timeride eröffnet – allesamt Städte, in denen vor der Corona-Pandemie der Städtetourismus boomte. War dies ein Hauptkriterium bei der Auswahl Ihrer Standorte. Wir beginnen unsere Standortsuche mit einer ganz nüchternen Marktbetrachtung: Für uns sind zum einen die Komponenten Einwohnerzahl und Einzugsgebiet entscheidend, zum anderen die touristische Durchdringung. Hier ist Frankfurt hervorragend aufgestellt. Der Standort muss zudem eine gewisse Transformation durchgemacht und sein Gesicht stark verändert haben, da-mit unser Konzept aufgeht. Timeride in Rothenburg ob der Tauber würde keinen Sinn machen, da ein Rundgang durch diese Stadt bereits eine Zeitreise ist. Entscheidend für den Erfolg ist die Location: Sie muss sich möglichst im Herzen einer Stadt befinden, wo auch touristische Ströme sind, und wo sich Menschen gerne aufhalten. Wer sich in der Mainmetropole auf die Virtual-Reality-Zeitreise begibt, wird bei einer Kutschfahrt mit dem Kolonialwarenhändler Theodor Riedel durch die Altstadt und am Mainufer bis zum Messegelände der internationalen elektro-technischen Ausstellung ins Jahr 1891 zurückversetzt. Wie finden Sie die passende Zeitreise-Story für die jeweiligen Standorte?Die Konzepte und Storys sind spezifisch auf die jeweiligen Locations zuge-schnitten. Nach Befragungen von Ein-heimischen und Touristen, in welche Zeit sie gerne einmal reisen möchten, greifen sich unsere Autoren und Historiker herausragende geschichtliche Themen, Persönlichkeiten oder Ereig-nisse heraus. Für München haben wir den Pfauenwagen von König Ludwig II. als Zeitreisevehikel für eine Flugreise durch 7 000 Jahre bayerischer Ge-schichte weiterentwickelt, in Köln fokussieren wir uns auf die preußische Zeit, und im barocken Dresden rankt sich die Geschichte um Szenarien am Hofe von August dem Starken. Wir versuchen stets, historisch so korrekt und authentisch zu sein, wie dies beim Blick auf die Vergangenheit nur möglich ist. Die Symbiose von Bildung und Unterhaltung ist dabei eine sehr frucht-bare Kombination. Inwieweit kooperieren Sie am Standort Frankfurt mit anderen touristischen Anbietern. Da wir erst im Juni eröffnet haben, sind wir aktuell mit vielen Akteuren im Gespräch oder in Verhandlungen. Mit Tourist und Congress Frankfurt tauschen wir uns bereits intensiv aus. Möglichst rasch möchten wir unser Angebot zu-dem in touristische Erlebnis- und Tourenpakete einbringen und mit Anbietern von Stadtführungen zusammenarbeiten. Wir freuen uns auch sehr darüber, wenn Museen offen für Kooperationen mit uns sind. Timeride sehe ich in diesen Kontexten nicht als Konkurrenten, sondern als Ergänzung. Und wohin geht Ihre nächste Zeitreise. Timeride war und ist auf weiteres Wachstum ausgelegt. Angesichts der Corona-Pandemie müssen wir die fünf Standorte zunächst dahin zurückführen, wo sie vor den beiden Lockdowns standen. Wir werden auch künftig weitere Zeitreisen realisieren, denn das ist die DNA unseres Unternehmens, und zugleich die Produktlinie erweitern. So sind wir in Köln sehr erfolgreich mit Virtual-Reality-Stadttouren gestartet, bei denen die Besucher über 2 000 Jahre Stadtgeschichte erleben. Mobile VR-Brillen ermöglichen dabei eindrucks-volle Früher-und-Heute-Vergleiche des Stadtbildes direkt an Ort und Stelle. Der Rundgang ist dann zwar immer noch eine klassische Stadtführung, aber eben eine Stadtführung 2.0.