Am 30. Juni 2025 ist Schluss. Zu diesem Datum wurden den Un­ternehmen, die Hallen im öst­lichen Gutleuthafen gemietet haben, die Verträge gekündigt. Wie es für sie weitergeht, ist noch offen. Am Montag wird Planungsdezernent Marcus Gwechenberger (SPD) zusammen mit Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP) bei einem Rundgang die Pläne der Stadt vorstellen. „Es ist besser, mit den Unternehmen zu sprechen als über sie“, sagt Wüsts Sprecher.

Ein „produktives Quartier“ soll nach den Vorstellungen Gwechenbergers zwischen der denkmalgeschützten Wurzelsiedlung und dem Main entstehen. Anders als bisher sind in dem Teil des Hafens, in dem der Wasseranschluss nicht mehr genutzt wird, nicht nur Gewerbeflächen vorgesehen. Gwechenberger stellt sich ein gemischtes Gebiet vor mit Gebäuden, in deren Sockel es zwei­geschossige Hallen gibt, in denen auch Platz für einen Gabelstapler ist und die von Handwerksbetrieben genutzt werden können.

Darüber sollen 200 bis 300 Wohnungen entstehen – die genaue Anzahl wird erst ein Architektenwettbewerb ergeben, der demnächst ausgeschrieben wird. Der Planungsdezernent kann sich auch ein Wohnheim für Auszubildende vorstellen. Die von Projektentwicklern genannte Zahl von bis zu 900 Wohnungen hält er für unrealistisch. „Dann wäre kein Platz mehr für Gewerbe.“

 

Angst vor „Beschwerden ohne Ende“

Mit der Neuordnung des östlichen Gutleuthafens könne die demnächst bis zum kaum bekannten Sommerhoffpark reichende Mainuferpromenade nach Westen fortgeführt werden, sagte Gwechenberger. Am Betonwerk Sehring werde sie aber unterbrochen. Denn der westliche Teil des Hafens, in dem es noch Schiffsverladung gibt und in dem sich unter anderen ein Baustoffhändler befindet, soll nicht angetastet werden. Aber nicht nur diese Unternehmen, sondern auch die im östlichen Gutleuthafen ansässigen – darunter ein Malerbetrieb und eine Spe­dition – können nach Ansicht Gwechen­bergers am Standort bleiben. Sie sollen in den Neubauten untergebracht werden.

Ingmar Niehus allerdings, der Standortleiter des Malerbetriebs Heinrich Schmidt, ist skeptisch. Zwar sei sein Un­ternehmen kompromissbereit, wenn es darum gehe, den verkehrsgünstig gelegenen Standort zu erhalten. Und in der Theorie sei es durchaus möglich, Wohnen und Gewerbe in einem Gebäude un­terzubringen. „Aber ich habe Zweifel, dass das funktioniert.“ Es werde „Beschwerden ohne Ende“ geben, fürchtet er. Denn Handwerksbetriebe arbeiteten auch samstags, wenn die Mieter der Wohnungen länger schlafen wollten.

Solche Konflikte sollen durch ein vergleichsweise neues baurechtliches Hilfsmittel gelöst werden. Seit 2017 haben Städte die Möglichkeit, ein „urbanes Gebiet“ auszuweisen, um Wohnen und Ar­beiten wieder stärker zu durchmischen. Durch Lärmgrenzwerte, die höher sind als in anderen Baugebieten, sollen Gewerbebetriebe mehr Freiheiten bekommen. Als Vorbild für den Gutleuthafen nennt Gwechenberger das Werksviertel in München, eine allerdings deutlich größere Entwicklungsfläche auf einem ehemaligen Industrieareal in der Nähe des Ostbahnhofs der bayerischen Landeshauptstadt. Positive Beispiele ließen sich auch in Amsterdam und Wien finden.

 

Alte Beschlüsse „nicht über den Haufen werfen“

Eine Mischung von Wohnen und Gewerbe gebe es traditionell in gründerzeitlichen Stadtteilen wie Bockenheim, sagte Ursula Busch, Vorsitzende der SPD-Fraktion, in dieser Woche im Planungsausschuss des Stadtparlaments. Diese Quartiere seien beliebt, das Nebeneinander funktioniere gut. Generell steht die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt hinter der Planung für den Gutleuthafen. Das hat nicht immer nur mit Überzeugung zu tun, sondern auch mit alten Beschlüssen, die bis ins Jahr 2011 zurückreichen. „Wir sollten sie nicht über den Haufen werfen“, findet Sebastian Papke, planungspolitischer Sprecher der FDP.

Selbst die oppositionelle CDU, die die Pläne erst kürzlich scharf kritisiert hat, zeigte sich im Planungssauschuss kompromissbereit. „Wir brauchen Handwerkerhöfe“, sagte der Stadtverordnete Frank Nagel. „Uns ist es wichtig, dass die Unternehmen Bestandsschutz haben.“ Es habe eine große Verunsicherung gegeben, weil nicht mit ihnen gesprochen worden sei. Das will Gwechenberger jetzt nachholen. Zudem will er im Sommer einen Dialogprozess mit allen Beteiligten beginnen, zu denen die Nachbarn in der Wurzelsiedlung zählen. Damit beauftragt wurde das Architekturbüro „Yalla Yalla!“ aus Mannheim. Der aus dem Arabischen stammende Name des Studios ist doppeldeutig. Es wird sich zeigen, ob am Ende die Bedeutung „Beeil dich“ gemeint ist – oder die zweite Übersetzung „Verschwinde“.