Mehr Autos nach Frankfurt locken? Wie die FDP-Idee in der Stadt (nicht) ankommt

Mit billigem Parken will die Bundes-FDP mehr Kunden in die Innenstädte locken. In Frankfurt haben Händler und Betriebe dazu eine klare Meinung.

Frankfurt -Weniger Autos in der Innenstadt wünschen sich die Einzelhändler von Zeil & Co. Damit stellen sie sich gegen den Vorschlag der Bundes-FDP, mehr Menschen per Auto ins Zentrum zu locken. „Für den Handel sind die gute Erreichbarkeit der Innenstadt und eine gute Aufenthaltsqualität für die Kunden wichtig, nicht dauergeparkte Autos auf den Straßen“, sagt der Frankfurter Vizepräsident des Einzelhandelsverband Hessen-Süd, Joachim Stoll.

Das Bundespräsidium der FDP hatte jüngst ein Strategiepapier veröffentlicht. Der Auto-Plan richtet sich ausdrücklich gegen die Grünen, die Liberalen erkennen einen „Kulturkampf gegen das Auto“. Sie fordern unter anderem günstigere Parkgebühren in Innenstädten und eine bundesweite Park-Flatrate, um Kunden anzulocken. „Ich unterstütze das“, sagt der mobilitätspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Römer, Uwe Schulz. „Es geht darum, die Wahlfreiheit im Hinblick auf das Verkehrsmittel zu gewährleisten.“

FDP Frankfurt: Wie müssen auch in der Koalition im Römer darüber diskutieren
Auch der Frankfurter Koalitionsvertrag der FDP mit Grünen, SPD und Volt „muss im Hinblick auf die veränderte verkehrliche Lage diskutiert werden“, findet Schulz. Das verblüfft die Fraktionschefin der Römer-Grünen, Katharina Knacker: „Herr Schulz ist doch Jurist“, weist sie das Ansinnen zurück. „Ich weiß nicht, welches Verständnis er von Verträgen hat.“ Eins zu eins seien die Vorschläge nicht überall umsetzbar, räumt Uwe Schulz ein. „Man muss das Konzept auf die jeweilige Kommune zuschneiden.“

Wie aber sollen Frankfurts Straßen mehr Autos verkraften? „Wenn Parkplätze wie zum Beispiel im Grüneburgweg wegfallen, muss man im Einzelnen prüfen, ob nicht durch Parkhäuser oder Quartiersgaragen Ersatz geschaffen werden kann“, so Schulz. Während der fahrradfreundlichen Umgestaltung im östlichen Grüneburgweg hatte die Stadt die Zahl der Parkplätze jedoch nicht reduziert, sie stieg von 37 auf 40 an.

Was die Einzelhändler wirklich brauchen
Nicht mehr Autos, sondern eine bessere Aufenthaltsqualität lockten Kunden an, betont Einzelhandelslobbyist Stoll. „Wichtig sind ein funktionierender ÖPNV und gut erreichbare Parkhäuser.“ Dass die Stadt vermehrt Straßen-Parkplätze umwandele, lobt er. „Besonders Lieferzonen sind wichtig, damit Lieferanten und Kunden, die nur schnell etwas abholen wollen, nicht in zweiter Reihe halten müssen.“ Auch seien mehr Fahrradparkplätze sinnvoll. Viel wichtiger als Autos anzulocken, sei es, gegen die Aufheizung der City vorzugehen, mahnt Joachim Stoll an. „Wir brauchen eine angenehme Aufenthaltsqualität wie in Paris oder Barcelona.“

Auch Grünen-Politikerin Knacker sieht die FDP auf dem Holzweg. Einkaufszentren wie das Hessen-Center in Bergen-Enkheim oder das Loop 5 bei Darmstadt seien zwar perfekt per Auto erreichbar, dennoch stünden dort viele Verkaufsflächen leer. „Nur durch gute Aufenthaltsqualität kann der stationäre Einzelhandel gegenüber dem Onlinehandel bestehen“, erinnert Knacker.

Mehr Autos in die Innenstadt? CDU und IHK positionieren sich sehr klar
Die FDP wolle die erfolgreiche Frankfurter Verkehrspolitik aufgeben, kritisiert Frank Nagel. Binnen 20 Jahren sei es gelungen, den Autoverkehr innerhalb des Alleenrings zu reduzieren, erinnert der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Römerfraktion. Das nutze den Anwohnern und allen, die per Auto oder Lkw unterwegs sein müssten: dem Wirtschaftsverkehr, etwa Handwerkern und Lieferanten. „Die Alternativen zum Auto sind da und müssen noch besser ausgebaut werden.“ Für Pendler aus dem Umland müsse es mehr Park+Ride-Angebote geben, um am Stadtrand umzusteigen, fordert Nagel. Die FDP-Ideen seien „unausgegoren“. Das sieht auch Knacker in Sachen Parkplatz-Flatrate so: „Wie das umsetzbar sein soll, ist mir ein Rätsel, denn es gibt keine Strukturen dafür.“ Auch sehe sie keinen Nutzen in einer bundesweiten Pauschale.

Verhalten reagiert selbst die Industrie- und Handelskammer (IHK) auf die FDP-Vorschläge. Neben der guten Erreichbarkeit für Unternehmen, Pendler und Kunden müssten Dekarbonisierung und Innovation mitgedacht werden, sagt Susanne von Verschuer, Vorsitzende des IHK-Verkehrsausschusses. „Es braucht einen massiven Ausbau des ÖPNV, es braucht aber auch Parkplätze, Platz für Lieferfahrzeuge und für Fahrräder.“ Investitionen müssten vor allem in digitale Verkehrsoptimierung und das Modernisieren der Infrastruktur fließen.

Grüne: Will die FDP etwa wieder Häuser abreißen für breitere Straßen?
Es sei technisch gar nicht möglich, mehr Autos in der City unterzubringen, warnt Grünen-Politikerin Knacker. „Der Parkraum und der Platz auf den Straßen sind begrenzt“. Solle für mehr Autospuren mehr Platz geschaffen werden, müsste dafür Bebauung weichen – wie einst für Berliner oder Kurt-Schumacher-Straße – oder Radspuren entfallen. „Wir wollen keine Häuser abreißen und brauchen auch Fahrradspuren“, sagt Uwe Schulz. Man müssen aber „fragen, ob die Fahrradspuren so breit sein müssen“.