Oeder Weg: Es läuft aus dem Ruder
Baustelle, Falschparker und Rüpelradler – Totalsperre zu spät angekündigt
Nordend – Halb auf dem Gehweg direkt vor der Buchhandlung Weltenleser hat Timm Hartmann seinen Lastwagen geparkt. Er liefert Getränke für den Kiosk gegenüber. Vollgepackt mit Bier- und Limokästen ist der Wagen, den er die kurze Strecke über die Straße befördern muss. „280 bis 300 Kilogramm wiegt das. Das schiebe ich nicht 100 Meter von der nächsten Lieferzone hierher“, begründet der Mitarbeiter eines Zustellgroßhandels, warum er im Parkverbot hält.
Den im Ortsbeirat3 (Nordend) kürzlich diskutierten und dann abgelehnten Vorschlag der FDP-Fraktion, ein abgestimmtes Lieferkonzept für Gastronomiebetriebe zu entwickeln, um eine geordnete Belieferung zu ermöglichen, hält Hartmann für schwierig. Er kommt zweimal die Woche in den Oeder Weg, sein Kunde mache aber erst um 10 Uhr auf. Vorher gehe es nicht oder nur mit großem Aufwand. Außerdem habe er feste Touren.
Dem FDP-Vorschlag war eine Initiative vom Kinderbeauftragten Lorenz Gempper vorausgegangen. Er hatte auf die unzumutbare Verkehrssituation im Oeder Weg hingewiesen. Für Kinder und Senioren seien in zweiter Reihe parkende Lieferfahrzeuge, zugeparkte Zebrastreifen und rücksichtslose Radler eine Gefahr. Er fordert mehr Kontrollen und drastischere Strafen bei Fehlverhalten. Das griff der Ortsbeirat in einem verabschiedeten Antrag von Ökolinx auf.
Radfahrer zur Raison bringen
Hildegard Wassermann, die oft im Oeder Weg unterwegs ist, würde sich wünschen, dass Radfahrer zur Raison kämen. „Die fahren hier so schnell“, sagt die Rentnerin, die auf einen Rollator angewiesen ist. Man müsse auf der Hut sein, sogar an Zebrastreifen hielten die meisten Radler nicht an. Vor allem aber bedauert Wassermann, dass der 36er-Bus wegen der Kanalarbeiten auf dem Abschnitt zwischen Kepler- und Glauburgstraße nicht mehr den gewohnten Linienweg durch den Oeder Weg nehmen kann und eine Umleitung über die Eckenheimer Landstraße fährt.
Seit Anfang der Woche können die Busse auch nicht mehr in Richtung Holzhausenstraße hochfahren. Seit Beginn der Bauarbeiten im Oktober 2024 war das noch möglich. Der kurze Abschnitt an der Baustelle entlang war dazu als Einbahnstraße ausgewiesen. Jetzt geht es für den Bus hier aber nicht mehr weiter, eine Komplettsperre ist schuld. Für kleine Fahrzeuge gibt es eine Umfahrung: Sie biegen links in die Wolfsgangstraße ein, dann sofort rechts in den alten Oeder Weg–hier wurde die Einbahnregelung gedreht–, um am Taxistand wieder auf den Oeder Weg zu stoßen.
Dass die Sperrung erst vergangenen Donnerstag angekündigt wurde, kritisiert Frank Nagel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Römer: „Eine Totalsperrung einer wichtigen Verkehrsachse braucht eine frühzeitige und verlässliche Kommunikation. Doch erneut werden die Gewerbetreibende und auch die Frankfurter vor vollendete Tatsachen gestellt“, sagt er. Auch Gewerbetreibende sind sauer. „Die Baustelle ist dicht und die Geschäfte bald auch“, meint ein Einzelhändler, der namentlich nicht genannt werden will. Hugo Globetanz, Inhaber von Elektro Knäble, versichert, dass er keine Mitteilung über die Totalsperre bekommen habe. Mandy Stengler-Schrodt, Inhaberin von Ohren und Augenwelt, hatte auch nichts im Briefkasten.
Die Stadtenwässerung (SEF) hat laut Wibke Lang vom Mobilitätsdezernat Ende September 2024 eine Mail mit allen Informationen zu den Kanalarbeiten an Ortsvorsteherin Karin Guder geschickt, und eine Pressmitteilung sei damals veröffentlicht worden, auch auf der SEF-Homepage. Zur aktuellen Sperrung habe das Straßenverkehrsamt vergangene Woche eine eigene Mitteilung veröffentlicht, diese Infos stünden auf der SEF-Homepage und auf mainziel.de.
250 Wurfzettel an Haushalte verteilt
Die SEF habe Infoschilder ausgehängt und Postwurfsendungen, zuletzt am 25. März, verteilt. 250 Wurfzettel seien an Haushalte entlang der Umleitungsstrecke verteilt worden. „Die Herausforderung besteht immer darin, für jede Information den richtigen Veröffentlichungszeitpunkt in der richtigen inhaltlichen Detailtiefe über die richtigen Medienkanäle zu finden – viele Bürger vergessen Informationen, wenn sie zu früh herausgegeben werden“, sagt Lang und verweist darauf, dass die Sperrung bis 18. Juni dauere. Die Baustelle sei Mitte Juli fertig.