Fahrplanänderungen werden wohl kommen
Wirtschaft, Bürgerinitiative und Opposition kritisieren Koalitionspolitik

Frankfurt Vor erheblichen negativen Folgen durch die stärker werdenden Staus in der Stadt warnt die Industrie- und Handelskammer (IHK). „Das schadet dem Wirtschaftsstandort Frankfurt“, warnt IHK-Vizepräsidentin Susanne von Verschuer.

Die Stau-Situation hat sich im vorigen Jahr rapide verschlechtert. In den deutschen Städten kommen Autos und Lastwagen lediglich in Berlin noch langsamer voran als in Frankfurt. Die Staus sind inzwischen stärker als 2019 vor der Corona-Pandemie. Spediteure klagten schon länger, dass sie immer langsamer in der Stadt vorankämen und mehr Fahrzeuge und Mitarbeiter einsetzen müssten, um die gleiche Zahl an Kunden zu beliefern, erklärt von Verschuer. Das verstärke auch die Stau-Situation zusätzlich. „Für Pendler und Kunden ist die aktuelle Verkehrssituation in Frankfurt zunehmend eine Belastung“, kritisiert die IHK-Vizechefin. Kunden suchten sich deshalb neue Einkaufsgelegenheiten außerhalb der Innenstadt.

IHK und CDU: Mehr ÖPNV nötig
„Viele Pendler sehen den ÖPNV nicht als verlässliche Alternative und steigen daher nicht um“, analysiert von Verschuer. Daher müsse das Bus- und Bahnsystem „stabilisiert und ausgeweitet“ werden. Seit Ende Januar 2024 fahren viele U-Bahn-, Tram- und Buslinien in der Stadt wegen Personalnot reduziert, seit Mitte Dezember reduzierte die Stadt noch weiter. Auch fallen immer wieder S- und Regionalbahnen aus wegen Personalnot in den Stellwerken der Deutschen Bahn.

In dieser Lage sieht die IHK das Vorgehen der Stadt kritisch: Auto- in Fahrradspuren umzuwandeln „ohne die entsprechenden Alternativen für Pendler und Kunden“ führe nicht zu weniger Autoverkehr, „sondern führt zu mehr Stau“, sagt von Verschuer. Für den Standort Frankfurt ein grundlegendes Problem: „Unternehmen werden für Fach- und Arbeitskräfte unattraktiv, wenn sie schlecht zu erreichen sind.“ Die IHK fordert daher eine „Ausweitung des ÖPNV-Angebots in und nach Frankfurt“.

„Die Koalition im Römer hat die Verkehrssituation in die Sackgasse gelenkt“, kritisiert der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Frank Nagel, das Bündnis aus Grünen, SPD, FDP und Volt. Das Problem der vielen Staus und steigenden Auto-Fahrzeiten „kann nur ein Ausbau des Angebots von Bahnen und Bussen lösen, nicht eine weitere Gängelung von Autofahrern“. Auch das fehlende Parkleitsystem verschärfe die Lage. „Das schadet der Innenstadt zusätzlich“, sagt Nagel. Da es überaltert ist, hatte die Stadt es 2024 abgeschaltet. Für einen Ersatz wird aber erst die Planung vorbereitet.

Neben mehr Bahnen und Bussen seien mehr Park+Ride-Angebote am Stadtrand sehr dringend nötig, fordert Nagel. So könnten Pendler zum Umstieg animiert werden, was die Straßen in der Stadt unmittelbar entlaste.

„Dümmste Politik in Deutschland“
„Die Stausituation ist hausgemacht“, sagt die verkehrspolitische Sprecherin der BFF-BIG-Fraktion im Römer, Ingeborg Leinweber. Die Koalition habe „das Pferd von hinten aufgezäumt“ und dem motorisierten Individualverkehr Verkehrsfläche entzogen, ohne Alternativen zu bieten. Die Taktung im Nahverkehr sei ja sogar reduziert „und die Menschen damit zum Teil zurück aufs Auto gezwungen“ worden.

Die Strategie der Grünen, Autos durch weniger Verkehrsflächen zu verdrängen, gehe nicht auf, kritisiert Herbert Schmoll von der Bürgerinitiative „Sachsenhausen wehrt sich“. Darunter litten Umwelt, Anwohner und Unternehmen. Beschäftigte von Firmen verbrächten 80 Stunden pro Jahr im Stau. Allein fürs Handwerk bedeute das einen jährlichen Schaden von rund 330 Millionen Euro, rechnet Schmoll hoch. „Das ist die dümmste Verkehrspolitik in ganz Deutschland.“