Frankfurt prüft Mindestpreis für Mietwagen mit Fahrer

Ist das Taxigewerbe durch die Konkurrenz der Vermittlungsplattformen für Mietwagen in Gefahr? Die Stadt Frankfurt will mit einem Gutachten Klarheit darüber, ob der Wettbewerb fair ist.

Der Wandel zeigt sich schon an der Statistik. Im Jahr 2023 waren in Frankfurt erstmals mehr Mietwagen mit Fahrer als Taxis unterwegs. Inzwischen sind es 2000 Mietwagenkonzessionen, während die Zahl der Taxis auf 1700 beschränkt ist. Die von Uber, Bolt und Free Now vermittelten Mietwagenfahrten kosten in den meisten Fällen weniger als das Taxi. Der Vorsitzende der Frankfurter Taxivereinigung, Hans-Peter Kratz, spricht von „Dumpingpreisen“, die nicht einmal die Hälfte der Kosten deckten.

„Wir hingegen haben eine Beförderungspflicht, sind an den Tarif gebunden und müssen uns rund um die Uhr bereithalten.“ Ohne staatliche Hilfe könne man sich gegen die Plattformen nicht behaupten. „Die Politik muss sich entscheiden, ob sie das Grundrecht auf Beförderung erhalten will.“

Bei allen Unterschieden zwischen Taxen, die am Straßenrand winkende Fahrgäste aufnehmen dürfen, und Mietwagenfahrern, die an den Betriebssitz zurückkehren müssen, stellt sich für Ordnungs­dezernentin Annette Rinn (FDP) die Frage nach dem fairen Wettbewerb. „Zumindest, so lange Taxen Teil des öffent­lichen Nahverkehrs sind.“ Das ist ein entscheidender Satz. Denn nur der „Schutz des öffentlichen Verkehrsinteresses“ erlaubt es der Stadt, die Einführung eines Mindestentgelts für Mietwagen zu prüfen.

Funktions­fähigkeitsgutachten oder engere Kontrollen?

Einen solchen Mindestpreis haben Stadtverordnete mehrfach in Fragen an den Magistrat vorgeschlagen. Die dabei angeführten Argumente wie das Ver­meiden von Sozialdumping hat der Europäische Gerichtshof in ähnlichen Fällen allerdings nicht gelten lassen. Um einen Mindestpreis für Mietwagen einführen zu können, ist ein sogenanntes Funktions­fähigkeitsgutachten nötig, das Angebots- und Nachfragemarkt für Taxis und Mietwagen, die Entwicklung der Kosten und die Ursachen von Geschäftsaufgaben un­tersucht. Rinn hat ein solches Gutachten angekündigt. Mangels Personalkapazität werde der Auftrag vermutlich erst am Jahresende vergeben, sagt sie.

Die Jungen Liberalen haben Rinn dafür kritisiert. Mindestpreise würden zu Preissteigerungen für Kunden und nicht zu besseren Arbeitsbedingungen der Fahrer führen, schreibt der FDP-Nachwuchs. Das Gutachten setze das falsche Signal, besser seien engmaschige Kontrollen von nicht ordnungsgemäß angestellten und bezahlten Fahrern. Die Ordnungsdezernentin widerspricht: „Bevor der Taximarkt zusammenbricht, ist es die Pflicht der Stadt, ein solches Gutachten zu erstellen.“ Eben weil Taxis Teil des öffentlichen Nahverkehrs seien.

Bisher gibt es erst wenige Städte mit Mindestpreisen für Mietwagen. Leipzig hat Anfang April eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen, nachdem das Verwaltungsgericht zwar die zunächst vor­gesehene Höhe abgelehnt, das Mindestentgelt aber im Grundsatz gebilligt hatte. In München soll am nächsten Dienstag der zuständige Ausschuss über einen solchen Antrag entscheiden. Die Stadt Heidelberg will zum 1. August einen Mindestpreis festsetzen.

Mitdenken von Verdrängung und Wettbewerbsverzerrung

Das von ihr in Auftrag gegebene Funktionsfähigkeitsgutachten hält ihn für rechtmäßig. Die Stadt Heidelberg spricht von einem „ruinösen Verdrängungswettbewerb“ durch Uber angesichts der „massiven Subventionierung der Mietwagenunternehmer“. Im Landkreis Lörrach, wo Uber keine Fahrten vermittelt, gelten schon seit 2022 Mindestentgelte, die allerdings eher mit der Grenznähe zu tun haben.

Bolt warnt vor einer Wettbewerbsverzerrung durch Mindestpreise. Mobilität dürfe kein Luxus sein. Uber führt eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft an, wonach Mindestentgelte die Fahrten so sehr verteuerten, dass Kunden wieder auf das eigene Auto umstiegen. Das Un­ternehmen Free Now, das sich in Frankfurt bis zum Sommer ganz aus dem Mietwagengeschäft zurückziehen und nur noch Taxis vermitteln will, sieht in Mindestpreisen hingegen einen Schritt gegen den ruinösen Wettbewerb.

Zumindest die Prüfung eines Mindestpreises hält auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Frank Nagel, für sinnvoll. Schließlich hätten in Frankfurt schon mehrfach Mietwagenunternehmer dagegen protestiert, dass sie zu den Bedingungen der Vermittlungsplattformen nicht auskömmlich arbeiten könnten.

Taxiverbände werfen Anbietern unlautere Mittel vor

Taxiverbände werfen den Betreibern vor, dass ihre niedrigen Preise durch unlautere Mittel wie Schwarzarbeit und Sozialbetrug zustande kämen. Bei einer Razzia im Rhein-Main-Gebiet gingen die Ermittler Anfang des Jahres gegen 30 Personen vor, die Fahrer ohne Meldung bei der Sozialversicherung und ohne Personenbeförderungsschein beschäftigt haben sollen. Der Schaden wurde auf zwei Millionen Euro beziffert.

Solche Praktiken will Frankfurt mit ei­nem Abgleich der Konzessionen verhindern. Vorerst könnten allerdings nur Neuanmeldungen bei den Vermittlern daraufhin überprüft werden, ob eine Konzession vorliege, heißt es beim Ordnungsamt. Zudem müsse der Abgleich händisch mithilfe einer Excel-Tabelle geschehen. Die Mietwagenvermittler Uber, Bolt und Free Now befürworten einhellig eine solche Verifizierung, regen aber ein einheitliches und vor allem digitales Register an.

Bolt merkt an, der manuelle Abgleich von Tabellen sei ineffizient und fehleranfällig. Mit ei­nem digitalen Register ließen sich zudem Bestandsdaten in Echtzeit überprüfen. Dies fordert auch die CDU-Fraktion im Römer. Bei Free Now heißt es, der Abgleich von Bestandsdaten und Neuregis­trierungen bei den Plattformen sei unerlässlich, um Schwarzarbeit und systematischen Gesetzesverstößen vor­zu­beugen.

Von: Bernhard Biener