Die Problemzonen eines Stadtteils

GINNHEIM – Anwohner klagen über Müll, gekürzte Mittel für Jugendarbeit und den Zugang zur S-Bahnstation

Es ist nicht nur dunkel und ungemütlich, sondern schlichtweg ekelhaft, wie es auf dem Parkplatz unter der Rosa-Luxemburg-Straße an der Ginnheimer Landstraße aussieht. Insbesondere im oberen Teil, direkt vor dem Weg, der hinab zum Jugendzentrum führt. Es riecht unangenehm nach Urin, über den Boden fliegen benutzte Taschentücher, in den Beeten liegen Müll, Spritzen und Zigarettenstummel.

„Es ist unzumutbar für die Jugendlichen, die hier gerne stehen, quatschen und chillen“, sagt Ulrike Fritz. Sie ist Leiterin des Jugendzentrums und setzt sich seit Jahren dafür ein, den Platz vor dem Eingang schöner zu gestalten. Zwar sind die Graffiti, die die Jugendlichen vor einigen Jahren an die nackten Betonwände gesprüht haben, ein Hingucker. Aber auch nicht viel mehr als der berühmte Tropfen auf einen heißen Stein.

„Hier muss viel mehr passieren. So hätten wir gerne einen Zaun, der einen Bereich als Vorplatz des Zentrums abgrenzt. Den wir dann entsprechend pflegen würden“, sagt Fritz, die an diesem späten Nachmittag zahlreiche Zuhörer hat. Anwohner und CDU-Politiker, aus dem Stadtteil und dem Römer, stehen mit ihr an dem unschönen Ort. Sie sind der Einladung der Christdemokraten gefolgt, die regelmäßig Rundgänge durch die Stadtteile machen, um sich ein Bild von den Problemen vor Ort, wie beispielsweise von dem Areal vor dem Jugendzentrum, zu machen. „Wir wünschen uns mehr Licht, Sitzmöglichkeiten, Pflanzen und vielleicht auch einen Stromanschluss unter der Brücke“, sagt Serkan, einer der Stammbesucher.

Rund 100 Jugendliche besuchen die Einrichtung regelmäßig. Ulrike Fritz zählt weitere Probleme auf, unter denen das Zentrum leidet. So wurden etwa die Zuschüsse in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit vonseiten der Stadt Frankfurt seit 2016 nicht erhöht, das jährliche Defizit liege bei rund 57 000 Euro. „Überall mussten wir kürzen. Bei den Angeboten und den Öffnungszeiten“, klagt die Leiterin. Dabei seien sowohl das Jugendzentrum als auch der Jugendclub in der Stefan-Zweig-Straße, dessen Träger ist der Verein Jugendzentrum Ginnheim, „enorm wichtig für den Stadtteil“.

Politiker gehen All-in

„Wir werden die Anliegen in den Römer tragen und entsprechende Anträge vorbereiten“, versicherte der Stadtverordnete Yannick Schwander. Und auch Evangelia Georgalis, Vorsitzende des CDU-Stadtbezirksverbandes Dornbusch-Ginnheim, versprach, sich für das Jugendzentrum starkzumachen. „Wir gehen All-in“, fügte Verena David als zuständige CDU-Stadtverordnete für den Ortsbezirk 9 (Dornbusch, Eschersheim, Ginnheim) hinzu.

Nicht weniger aber freilich anders problematisch ist die Lage nur wenige hundert Meter weiter. Dort wo noch vor wenigen Monaten eine Trinkhalle vor dem ehemaligen Predigerseminar stand. Nach wie vor ist der letzte Schutt nicht weggeräumt, die Fläche mit Flatterband abgesperrt. „Wir würden das Areal gerne begrünen“, sagt Ortsvorsteher Friedrich Hesse (CDU). Eine Aussage, mit der er jedoch auf massiven Widerstand der Anwohner stieß. „Direkt an der Straße will doch keiner sitzen“, sagte ein Anwohner. Julia Hirthe, die direkt gegenüber in der Ginnheimer Landstraße wohnt, plädierte derweil für dringend benötigte Parkplätze. „Wir sind schon durch die Bar lärmgeplagt, dort wird bis nachts um vier draußen gefeiert. Eine Grünfläche würde noch mehr Menschen anziehen. Das brauchen wir nicht“, sagte sie.

Menschen anziehen wird auch die neue S-Bahn-Station Ginnheim. Sie ist so gut wie fertig, am 15. Dezember sollen dort die ersten Bahnen halten. Doch es fehlt etwas ganz Entscheidendes – ein direkter Zugang von der Ostseite zum Mittelbahnsteig. Denn während dieser von der Westseite problemlos erreicht werden kann, ist dieser von der Ginnheimer Ortslage aus nur über Umwege möglich. Durch die Unterführung an der Woogstraße oder unter der Brücke der Rosa-Luxemburg-Straße entlang und über den Fußgängersteg, der dort die Gleise zur U-Bahn überspannt.

Gebaut wurde der Steg im Zuge der Bundesgartenschau 1989. Er sei völlig funktionstüchtig, verbinde die neue Station mit der Straßenbahnhaltestelle der Linie 16 und sei damit völlig ausreichend, meinte Manfred Zottmann. Dass die Stadt trotzdem jüngst eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben hat, mit der die Ostseite per Rampe, Treppe oder Aufzug angebunden wird, ist für ihn daher völlig unverständlich. Und: Er sei mit seiner Meinung nicht alleine. „Mindestens 100 Ginnheimer sprechen sich auch dagegen aus“, sagt er.

Treppe endet auf Mittelbahnsteig

Denn für den Zugang auf der Ostseite müsste in die dortigen Gärten eingegriffen werden, auch die Eigentumsverhältnisse sollen über die Studie geklärt werden. „Das ist bislang verpasst worden, wie so vieles“, kritisierte Frank Nagel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU, die Römer-Koalition. Dabei stand er auf dem neben den Schienen aufgeschütteten Erdwall, mit direktem Blick auf den neuen Haltepunkt und die von Westen kommende Treppe. Die aber eben auf dem Mittelbahnsteig endet und nicht fortgeführt wird.

„Der Zugang ist wichtig für Ginnheim, Umwege von 800 Metern müssen nicht sein. Dass dafür die Stadt und nicht die Bahn zuständig ist, ist seit Jahren bekannt. Weil der Magistrat aber nicht in der Lage ist, eine Entscheidung zu fällen, sind die Arbeiten nun mindestens ein Jahr in Verzug“, so Nagel. Nun wurde auch noch die Sanierung der U-Bahn-Station Niddapark ins nächste Jahr geschoben. Wegen Lieferschwierigkeiten. „Man hätte alles in einem Guss haben können. Jetzt haben wir eine S-Bahn-Station ohne direkten und schnellen Zugang von der Ostseite und eine weiterhin versiffte, nicht barrierefreie U-Bahn-Station“, so Nagel. judith dietermann