Frankfurt auf dem Weg zu einem anderen Verkehrsmix
Zwei Jahre lang hat die Politik um den Masterplan Mobilität gerungen. Nun ist er mit großer Mehrheit verabschiedet worden. Das Auto soll künftig eine geringere Rolle spielen.
Um dem wachsenden Verkehrsdruck zu begegnen, will Frankfurt deutlich stärker auf Bus und Bahn, den Radverkehr sowie attraktivere Wege für Fußgänger setzen. Dieses strategische Ziel gibt der Masterplan Mobilität vor, den die Stadtverordneten am Donnerstabend mit Zweidrittelmehrheit beschlossen haben. Der Anteil der Wege, die auf diese Weise zurückgelegt werden, soll bis 2035 von 67 auf 80 Prozent steigen. Eine Verlagerung des Verkehrs vom Auto hin zu flächensparenden und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln ist auch in der europäischen Richtlinie enthalten, die großen Städten die Erarbeitung eines solchen „Sustainable Urban Mobility Plan“ vorschreibt, also einer nachhaltigen städtischen Mobilitätsstrategie.
Dass der schon vor zwei Jahren vorgelegte Plan umstritten ist, hat auch mit Formulierungen zu tun, wonach neben Angeboten und Anreizen auch „regulative Randbedingungen“ nötig seien, um „tiefgreifende Veränderungen im Mobilitäts- und Verkehrsverhalten“ zu erreichen. Da die Stadt bis 2035 klimaneutral werden will, gehört eine Verringerung des Kohlendioxidausstoßes im Verkehr zu den Zielen. Zudem soll die Zahl der Unfälle gesenkt werden.
Verzögerung durch FDP
Die FDP hatte nach einem Parteitagsbeschluss im vergangenen Jahr die Zustimmung zunächst verweigert und mit ihren Koalitionspartnern Grüne, SPD und Volt Zusatzanträge ausgehandelt, etwa die beschleunigte Einführung eines neuen Parkleitsystems und die Überprüfung der zugunsten des Radverkehrs umgestalteten Berliner Straße, des Grüneburgwegs und der Eschersheimer Landstraße. „Frankfurt darf keine Stadt werden, in der nur noch der Fahrradfahrer zählt“, sagte Sebastian Papke (FDP) in der Debatte im Römer. Die Anträge bedeuteten eine Verbesserung für alle Mobilitätsarten, weshalb die Liberalen zustimmten.
Dagegen nannte Falko Görres (Die Fraktion) die Anträge „Selbstverständlichkeiten“. Uwe Schulz von den Bürgern für Frankfurt, der Anfang des Jahres die FDP verlassen hatte, sprach von „Beruhigungspillen für den Koalitionspartner“. Die gerade erst wieder geäußerte Kritik der Wirtschaftsverbände sei konsequent. Gewerbe und Handel müssten erreichbar bleiben.
Die CDU lehnte den Antrag bis auf das Logistikkonzept ab und forderte, einen neuen zu erarbeiten. Dafür fand sie keine Mehrheit. Der notwendige Mobilitätsmix als Zusammenspiel aller Verkehrsträger werde durch eine einseitige Fixierung auf den Fahrradverkehr ersetzt, sagte Frank Nagel (CDU). Während man die Stärkung des Nahverkehrs verspreche, werde die Zahl der Fahrten auf der Linie mit den stärksten Fahrgastzahlen um fast ein Drittel gekürzt. Der Masterplan sei Ausdruck einer Verkehrspolitik gegen die Lebenswirklichkeit der Bürger.
„Auf den Straßen wird es eng bleiben“
Den Vorwurf einer einseitigen ideologischen Ausrichtung des Plans wies die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Knacker zurück. „Ein Großteil des Berichts ist die Erfassung des Ist-Zustands.“ Klimaschutz, Luftreinheit und Barrierefreiheit seien die politischen Rahmenbedingungen. Und mehr Beteiligung als bei der Erarbeitung des Masterplans gehe kaum. Der Masterplan sei vom Bundesverkehrsministerium als vorbildlich ausgezeichnet worden.
Die Stadt müsse auf eine breitere Verteilung der Verkehrsteilnehmer auf alle Verkehrsarten hinsteuern, sagte der Volt-Fraktionsvorsitzende Martin Huber. Wenn mehr Menschen mit dem Nahverkehr, dem Rad und zu Fuß unterwegs seien, gebe es mehr Platz für den Wirtschaftsverkehr. „In Frankfurt sind mehr als 400.000 Autos zugelassen und stehen irgendwo rum.“ Samstags wollten dann am liebsten alle gleichzeitig ins Parkhaus Hauptwache. Deshalb sei ein digitales Leitsystem nötig, aber „eng wird es in der Stadt trotzdem bleiben.“
In Frankfurt gebe es große Probleme mit der Mobilität, sagte Kristina Luxen (SPD). Aber das gelte für alle Verkehrsmittel. Obwohl eine City-Maut in den nächsten vier Jahren sicher nicht gesetzlich möglich werde, sei sie ebenso wie eine Arbeitgeberabgabe ein durchaus interessantes Finanzierungsinstrument. Neben Ökolinx stimmte auch die Linke dem Masterplan zu, auch wenn die Koalition nach Worten von Daniela Mehler-Würzbach den Masterplan fast zwei Jahre lang blockiert und durch das parteipolitische Taktieren der FDP wertvolle Zeit verloren habe.
Für Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Die Grünen) ist der Beschluss ein „Beweis, dass es in Frankfurt den Willen zur Veränderung gibt“. Die Verlagerung des Verkehrs Richtung Umweltverbund aus Nahverkehr, Rad und Fußverkehr sei eine reine Frage der Mathematik. „Die Stadt wächst, aber die Straßen werden nicht breiter.“
Nach der Verabschiedung des Masterplans als Strategiepapier werden nun die konkreten Folgen in Teilstrategien ausgearbeitet. Die Logistikstrategie ist mitverabschiedet werden, der Generalverkehrsplan Schiene soll demnächst vorgelegt werden, und für die Fußverkehrsstrategie ist für diesen Sommer eine Bürgerbeteiligung vorgesehen.
Von: Bernhard Biener