Scharfe Kritik am Mobilitätsdezernat – SPD fordert Beauftragten für “schwächste Verkehrsteilnehmer”
Frankfurt – Mehr Engagement der Stadt für Fußgänger fordern SPD und CDU. Das ist am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde der Stadtverordneten deutlich geworden. Kritik musste sich das vom Grünen-Politiker Stefan Majer geführte Mobilitätsdezernat gefallen lassen – sogar vom Koalitionspartner SPD.
Deren verkehrspolitische Fraktionssprecherin Kristina Luxen lässt den Stadtrat für einen Moment sprachlos am Rednerpult stehen. “Die Situation für die zu Fuß Gehenden auf den Straßen hat sich verschlechtert”, wirft sie ihm vor. “Wenn Du mir das zeigst”, entgegnet Majer, ihm fällt kein Beispiel ein. Er erwähnt, dass er bisher nur Projekte seines Vorgängers Klaus Oesterling (SPD) umsetze. “Wir können immer besser werden”, sagt Majer.
Ein wenig später nennt Kristina Luxen Beispiele: Wild geparkte E-Scooter auf Gehwegen, ein Kind, das von einem Radfahrer angefahren wurde, Möbel der Außengastronomie und Aufsteller von Händlern auf Fußbereichen, “drängelnde Radfahrer auf der Zeil”, zu schmale Gehwege, Fußgängerzonen, die schon lange ihrem Namen nicht mehr gerecht würden, zugeparkte taktile Leitstreifen. Selbst bei der Aufstellung des Masterplans Mobilität habe die Stadt vergessen, einen Fußgängervertreter hinzuzuziehen, das erst auf Hinweis korrigiert. “Deshalb fordert die SPD einen Fußgängerbeauftragten”, sagt die Verkehrspolitikerin.
Es müsse bei der Stadt jemand “zu Fuß Gehende im Fokus haben” und auf Barrierefreiheit achten. “Wir brauchen einen Fuß-Entscheid”, sagt Luxen. Sie spielt auf den Rad-Entscheid an, einen gescheiterten Bürgerentscheid, in dessen Folge die Stadtverordneten aber 2019 einen massiven Ausbau der Radwege beschloss.
Das treibt in der Verwaltung das Radfahrbüro voran. Warum es so etwas nicht auch für Fußgänger gebe, fragt Luxen beim Dezernenten nach. Der räumt ein, dass die Stadt 2022 keine Stellen dafür vorsehe. Die Aufgaben sollten einem neuen, für Nahmobilität zuständigen Mitarbeiter im Amt für Straßenbau und Erschließung (ASE) zugeordnet werden, kündigt Majer an. Die Stelle sei ausgeschrieben.
Mehr Personal könne es 2023 geben, es brauche “eine überbrückende Lösung”. Die Belange der Fußgänger würden “wie die des Radverkehrs” bei allen Projekten “besonders berücksichtigt”, sagt Stefan Majer. Er stelle den Planern bei allen Projekten die Frage: “Was trägt das Projekt zur Situation bei für die, die per Rad oder zu Fuß unterwegs sind, und für die Barrierefreiheit?”
Genau das aber sei “in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt worden”, kritisiert Mathias Pfeiffer, Fraktionschef von BFF-BIG. Die Verkehrsplanung müsse immer vom schwächsten Glied her laufen – dem Fußgänger.
Im Radfahrbüro gibt es sechs Mitarbeiter
“Fußverkehr steht für mich an erster Stelle des Umweltverbunds”, beteuert Katharina Knacker, die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Gehwege würden “manchmal” von E-Scootern blockiert, aber meisten von “vierrädrigen Fahrzeugen”. Deshalb müsse man “auch über das Gehwegparken sprechen”. Den Fußverkehr zu verbessern, habe die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt im Koalitionsvertrag vereinbart.
Wie unterschiedlich die Koalition Radfahrer und Fußgänger tatsächlich fördere, zeige die Personalstärke, merkt Frank Nagel an, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. “Sechs Personen gibt es im Radfahrbüro und für die Fußgänger jetzt eine Stelle beim ASE.” In der Praxis kämen Verbesserungen für Fußgänger nicht vor. Als Beispiel nennt Nagel die aktuellen Umgestaltungen von Straßen zu fahrradfreundlichen Nebenstraßen wie frisch im Oeder Weg. “Die vielen Poller stehen weiter da, noch mehr sogar, und Barrierefreiheit kommt nicht vor.”