Umfrage
“Eine Frechheit!” – Handwerker ärgern sich über Oesterlings Aussage zum Stadtverkehr
Vor allem Betriebe verzweifeln an der Verkehrssituation in Frankfurt. Dass Stadtrat Klaus Oesterling die Kritik zurückweist, frustriert sie.
Update vom Donnerstag, 17.10.2019, 16:43 Uhr: Handwerkskammer-Präsident Bernd Ehinger hat in der Debatte um eine Forsa-Umfrage zur Verkehrssituation in Frankfurt nachgelegt. In der Bild-Zeitung lud er Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) zu einem Praktikum ein. Habe dieser erstmal einen Tag lang einen Handwerker im Einsatz begleitet, werde ihm klar sein, warum ein Gesamtverkehrsplan notwendig sei.
Mit der Einladung reagierte Ehinger auf die jüngsten Aussagen Oesterlings, der wenig Verständnis für das schlechte Zeugnis gezeigt hatte, dass die Umfrage dem Frankfurter Stadtverkehr ausstellte.
Vor allem die aus ihrer Sicht schlechte Parksituation wurde von den Handwerkern kritisiert. Oesterling hingegen befand, irgendein Parkplatz finde sich immer – und zur Not müssten die Arbeiter eben laufen.
Ein Dachdecker-Meister bewertete die Oesterling-Antwort in der Bild-Zeitung als “Frechheit”. Die Lage in Frankfurt sei “so schwierig wie nie”.
Oesterling: Die meisten zufrieden mit Verkehr in Frankfurt
Update vom Mittwoch, 16.10.2019, 11:31 Uhr: Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) hat mit Unverständnis auf die Kritik der Handwerkskammer an der Verkehrssituation in Frankfurt reagiert.
Der Bild-Zeitung sagte Oesterling: “Die meisten Leute sind doch zufrieden mit der Verkehrssituation, nur die Handwerker scheinbar nicht.”
Sollten diese wirklich einmal keinen Parkplatz finden, müssten sie in der Not eben laufen, zitierte den zuständigen Stadtrat das Boulevard-Blatt. Zum in der Umfrage mehrfach kritisierten Ausbau der Radwege gebe es keine Alternative.
Parken bleibt in Frankfurt jedoch ein Problem: Laut der jüngsten Statistik der Stadt hat sich die Zahl der abgeschleppten Autos verdoppelt.
Verkehr in Frankfurt: Autofahrer stören Stau und fehlende Parkplätze
Erstmeldung vom Dienstag, 15.10.2019: Frankfurt – Die große Mehrheit der Autofahrer ist unzufrieden mit der Verkehrssituation in der Stadt: Sie sind unzufrieden mit dem ständigen Stau (67 Prozent), mit den fehlenden Parkplätzen (68 Prozent) und den hohen Parkgebühren (68 Prozent).
Fragt man die Gewerbetreibenden in Stadt und Umland, ist der Anteil der Unzufriedenen noch deutlich höher (71 bis 74 Prozent). Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt hat, im Auftrag von Industrie- und Handelskammer (IHK), Handwerkskammer sowie weiterer Verbände.
Frankfurt: Mit Verkehrssituation unzufrieden – Forsa-Umfrage
Befragt wurden neben 300 Mitgliedern der Kammern und Verbände auch 1005 Bürger, davon jeweils etwa 500 aus Frankfurt und etwa 500 aus der Region. Positiver beurteilten die Befragten den öffentlichen Nahverkehr in der Stadt.
So zeigte sich die Mehrheit zufrieden mit der Sicherheit (57 Prozent), der Anbindung an den Unternehmenssitz und dem Takt (je 56 Prozent). Mehrheitlich unzufrieden hingegen waren die Befragten mit den Kosten (57 Prozent) und der Informationspolitik bei Störungen, Verspätungen und Ausfällen (54 Prozent).
Diagramm: Autofahrer sind laut einer Forsa-Umfrage mit der Verkehrssituation in Frankfurt unzufrieden.
© FNP Infografik: IHK/Forsa
Verkehr in Frankfurt: Probleme zur Chefsache machen
Von den Ergebnissen der Umfrage zeigten sich IHK-Präsident Ulrich Caspar und Handwerkskammer-Präsident Bernd Ehinger in ihrer zuletzt sehr deutlich geäußerten Kritik an der städtischen Verkehrspolitik bestätigt und mahnten einen Kurswechsel sowie einen Gesamtverkehrsplan an.
Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) müsse einschreiten und die Verkehrspolitik zur Chefsache machen, fordern die Kammern und Verbände in einer gemeinsamen Mitteilung.
Frankfurt: Probleme vor allem für Betriebe – Wirtschaftlicher Schaden
Ehinger sprach von einer großen Frustration bei den Betrieben. Als nicht nachvollziehbar kritisierte er, dass die Organisationen auf ihren offenen Brief vom Magistrat nicht einmal eine Antwort erhalten hätten. Dabei könne die Verkehrssituation der wirtschaftlichen Prosperität der Stadt schaden.
“Die Unternehmen sind deshalb bei uns, weil wir verkehrsmäßig so optimal angebunden sind. Das ist unser Standortvorteil. Wir befürchten, dass man diesen Vorteil verspielt”, sagte IHK-Präsident Caspar. Viele Betriebe wie Bäckereien oder Dachdecker seien auf ihre Fahrzeuge angewiesen.
Kritik an Verkehrssituation in Frankfurt: Erhöhung der Parkgebühren “falsch”
Scharf kritisierte Caspar die Umwidmung von Auto-Fahrspuren für Fahrräder und Busse. Frankfurt brauche “einen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und keinen Rückbau”. Auch die Erhöhung der Parkgebühren nannte Caspar falsch.
Diese führe nicht zu einem Umstieg auf den ÖPNV, schrecke aber Kunden ab. Er warb dafür, die Situation an Kreuzungen durch digitale Steuerung zu optimieren, parallel zu den Hauptverkehrsstraßen innerstädtische Fahrradschnellwege zu errichten und die U- und S-Bahn auszubauen.
Frankfurt: Innenstadt für Autos sperren?
Klar äußerten sich die befragten Kammermitglieder gegen Pläne, die Innenstadt für den Autoverkehr zu sperren. 69 Prozent befürchten sehr negative oder eher negative Auswirkungen. Weniger kritisch sehen sie dagegen die testweise Sperrung des nördlichen Mainufers.
49 Prozent gaben an, die Straßen sollten nach der Testphase dauerhaft oder zumindest zu bestimmten Zeiten gesperrt bleiben. Eine Reduzierung von Autospuren zugunsten von Fahrradwegen halten immerhin 38 Prozent der Wirtschaftsvertreter für sehr oder eher sinnvoll.
Frankfurt: Verkehrsausschuss sieht großen Handlungsbedarf
Bei den befragten Bürgern kommt die Umwidmung von Autospuren dagegen mehrheitlich gut an. Die Sperrung einzelner Straßen für den Autoverkehr hält dagegen die Mehrheit für weniger oder gar nicht sinnvoll. Den Mainkai würden immerhin 41 Prozent dauerhaft gesperrt halten, nur 23 Prozent würden ihn wieder freigeben.
Der Verkehrsausschuss der Frankfurter CDU bezog gestern Nachmittag Stellung zu den Umfrageergebnissen. Er sieht in der Verkehrspolitik ebenso “großen Handlungsbedarf”: “Ohne einen Gesamtverkehrsplan geht es nicht mehr lange weiter, schließlich ist eine Vielzahl von Verkehrsthemen anzupacken”, so der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Frank Nagel.