Den Ausbau der A5 will im Westen (fast) niemand

Beim Protest unter der Brücke am Griesheimer Stadtweg stellten sich 14 Politikerinnen und Politiker im Gespräch

Auf dem riesigen Banner hat eine rote Faust das Autobahnlogo, das man vom Verkehrsschild kennt, im Würgegriff. Im Schatten unter der A5-Brücke am Griesheimer Stadtweg kocht in der Mittagshitze die Stimmung hoch. „Vertreter aller Parteien sind gekommen. Nur die FDP nicht“, sagt Christoph Stoodt, einer der Organisator:innen der Bürgerinitiative „Es ist zu laut“. Die AfD sei nicht eingeladen worden. „Wir sind gespannt: Die CDU Frankfurt war im Mai noch für den Ausbau, die CDU West ist dagegen“, sagt Stoodt unter dem riesigen Banner, 30 Bierbänke sind aufgestellt worden und 14 Stehtische, die mit den Namen von Politiker:innen gekennzeichnet sind.

Lästiger Lärm

„Kein Ausbau der A5 – Lärmschutz jetzt“, fordern rund 160 Bürger:innen, die zu der Diskussion am Samstagmittag gekommen sind. Zu ihren Forderungen gehört auch die Offenlegung aller Planungsunterlagen zum Ausbau der A5, die im Frankfurter Westen Griesheim und Goldstein betrifft. Aber auch aus anderen Stadtteilen längs der A5 sind Menschen gekommen. Sie berichten vom Lärm in ihren Gärten und Wohnungen. „Je nach Windrichtung ist es unerträglich“, heißt es aus Griesheim, Goldstein, Rödelheim und Kalbach. Die Anlieger:innen wollen keinen zehnspurigen Ausbau vom Bad Homburger Kreuz bis zum Frankfurter Kreuz, wie es Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) „vordringlich und schnell“ fordert. Stattdessen wollen sie Geld für einen verbesserten ÖNVP, ein Tempolimit, bessere Schallschutzwände und schallschluckenden Asphalt. „Lärm macht krank. Nachweislich“, sagt Anwohnerin Kerstin Mayer. Durchschnittswerte von 75 Dezibel über 24 Stunden seien schon gemessen worden; mehr als 62 Dezibel dürften es in Wohngebieten nicht sein. Ulrich Stork ist Ingenieur. Er wettert nicht nur über den Lärm, sondern auch über den enormen CO2-Ausstoß: Er schätzt, dass bis zu 60 000 m³ Beton für die Brückenerweiterungen verbaut werden müssen. „Ein Ausstoß von 20 Millionen Kilo CO2. Da werden die Klimaziele der Bundesregierung konterkariert.“ Die Landtagsabgeordnete Martina Feldmayer und ihre Fraktionskollegin Katy Walther (Grüne) stellen sich komplett hinter die Forderungen der Bürgerinitiative. „Ein klares Nein zum Ausbau“ lautet ihr Credo, und sie nehmen Bezug auf den hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne), der einem achtspurigen Ausbau nördlich des Nordwestkreuzes zustimmt. Den zehnspurigen Ausbau habe er aber abgelehnt.

Frank Nagel und Tom Rausch von der Schwanheim-Goldsteiner CDU äußern sich positiv zum innerstädtischen Tempolimit auf der Autobahn. Rausch spricht sich auch gegen die Priorisierung des Ausbaus aus und für die Offenlegung der Machbarkeitsstudie. Im Einzelgespräch ist Nagel, Verkehrsexperte der CDU im Römer, umringt von Bürger:innen: Er hatte von 500 Millionen Euro gesprochen, die allein der Lärmschutz kosten solle. Derzeit heißt es: Mehr Lärmschutz gebe es nur beim Ausbau der A5. Eine Anwohnerin findet das absurd: „Ich erwarte von Politikern, dass sie sich einig sind, dass wir jetzt Lärmschutz brauchen und nicht erst bei dem Neubau, den keiner will.“

 Kein Abriss von Häusern

Von den Linken sind die Landtagsabgeordneten Axel Gerntke und Ulrich Wilken sowie Ex-OB-Kandidatin Daniela Mehler-Würzbach vor Ort und betonen, dass „jeder Meter Neubau der Autobahn mehr Verkehr bedeutet. Das Gegenteil von dem, was wir brauchen“. Sie fordern, sich mit der Automobilbranche anzulegen, der Güterindustrie und dem Versandhandel. Von der SPD sind gleich sieben Vertreter da: Kolja Müller (Projektleiter der Verkehrsgesellschaft Frankfurt), Roger Podstatny (stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Römer), Birgit Puttendörfer (stellvertretende Ortsvorsteherin), die Landtagskandidaten Stefanie Minkley, Katharina Stier und Lino Leudesdorff sowie Susanne Kassold, Vorsitzende der SPD-Fraktion im Ortsbeirat 12 (Kalbach-Riedberg). „Wir sind gegen einen Ausbau. Das hat auch der Parteitag gezeigt“, sagt Kolja Müller. Roger Podstatny stichelt: „Die CDU im Ortsbeirat stimmt immer gegen ein Tempolimit“. Die Partei und die Fraktion der SPD seien klar gegen den Ausbau und für ein Tempolimit.

Die Bürgerinitiative „Es ist zu laut!“ will weiter gegen den Ausbau kämpfen, für ein Tempolimit, sofortigen verbesserten Lärmschutz und gegen den Abriss von Häusern und die Vernichtung von Gärten.

VON SABINE SCHRAMEK UND HOLGER VONHOF