Oberbürgermeister – OB-Kandidat Uwe Becker (CDU) trifft bei einem Spaziergang auf eine emotionale Nachbarschaft

Frankfurt – Uwe Becker scheint von der emotionalen Wucht ein wenig überrascht. Die Frankfurter CDU hatte für Samstagvormittag zu einem Spaziergang durch das Holzhausenviertel eingeladen. Der OB-Kandidat der CDU wollte sich einmal selbst anschauen, welche Auswirkungen die Teilsperrung für den Autoverkehr im Oeder Weg hat.

Der Einladung gefolgt sind rund 50 Menschen, ganz überwiegend aus der Nachbarschaft. Die Kreuzung Oeder Weg/Holzhausenstraße ist eigentlich nur als Treffpunkt gedacht, wird alsbald aber so etwas wie die „Speakers’ Corner“ im Londoner Hyde Park. Der geballte Unmut über die Verkehrsberuhigung im Oeder Weg muss raus.

Die Einleitung ist Thomas Dittrich vom zuständigen Ortsbeirat 3 (Nordend) vorbehalten: „Viele Leute fühlen sich echt genervt vom Ausweichverkehr.“ Allgemeines zustimmendes Murren. Der Tenor ist einhellig. In vielen Straßen rund um den Oeder Weg hat der Autoverkehr zugenommen, während die Bewohner mit ihren Autos selbst zu Umwegen gezwungen werden.

Als Brandbeschleuniger hat die CDU-Fraktion im Ortsbeirat 3 einen Flyer mitgebracht, der darüber informiert „dass weitere dauerhafte Straßensperrungen in ihrem Quartier geplant sind“. Ein Anwohner aus der Falkensteiner Straße wirft ein, dass die Umwege, die er jetzt schon fahren müsse, „aberwitzig“ seien.

Uwe Becker zeigt sich verständnisvoll und wittert Morgenluft im Nordend, das bislang nicht gerade als CDU-Hochburg bekannt war: „Diese Meinung muss man dann mit einer Entscheidung am 5. März zum Ausdruck bringen“, sagt der Kandidat. Jemand aus den hinteren Reihen wirft ein, dass seine Partei die Entscheidung der Sperrung ja mitgetragen habe im Römer. „In einer Koalition muss man Kompromisse machen, aber ich war gegen diese Sperrung“, betont Becker und legt nach: „Weitere Sperrungen sind ein Eingeständnis des Versagens.“ Spontaner Applaus.

Jemand will wissen, ob diese weiteren Sperrungen schon entschieden seien. Noch nicht, das sei ein Vorschlag aus dem Straßenverkehrsamt, antwortet Claudia Ehrhardt, und ihr Kollege Dittrich bittet alle Anwesenden, ihrem Unmut doch auf der nächsten Sitzung im Ortsbeirat am 23. Februar Luft zu machen.

Doch jetzt gibt es Gegenwind. Der Ortsbeirat bringe gar nichts, da werde nichts entschieden, wettert jemand und erhält Zustimmung. Die Grünen würde dort alle, die gegen Fahrräder seien, einfach abbügeln. CDU-Verkehrsexperte Frank Nagel weist darauf hin, dass Vorentscheidungen immer im Ortsbeirat gefällt würden. „Im Kettenhofweg hat das funktioniert“, so Nagel. „Im Grüneburgweg nicht“, kontert eine Frau.

Bettina Wiesmann aus dem Frankfurter CDU-Vorstand wird unruhig. Eigentlich wollte sie den angedachten Spaziergang mit ihrem luftballongeschmückten Fahrrad anführen, doch es gibt noch viel zu erzählen und auszutauschen. Die Leidensgemeinschaft macht sich bekannt. „Wir kennen uns von der Videokonferenz“, sagt einer. Eine andere staunt, dass der E-Mail-Verteiler schon auf 90 Personen angewachsen sei und sich wohl auch bald eine Bürgerinitiative gründen werde, um Autofahren im Holzhausenviertel „wieder lebenswert zu machen“.

Uwe Becker hört sich die Sorgen der Nachbarschaft nun in Zwiegesprächen an. „Ich bin im Positiven überrascht über die Reaktionen“, sagt er und will „ein Sprachrohr für dieses Thema“ sein.

OLIVER TEUTSCH