Irritation um U-Bahn zur Universität
Demo-Aufruf legt nahe, dass VCD, Grüne Jugend, Jusos plötzlich gegen U4-Tunnel seien – alle widersprechen
Frankfurt – Nach der Demonstration von Aktivisten gegen einen U-Bahn-Halt am Uni-Campus Westend beteuert die neue Römer-Koalition, an dem Vorhaben festzuhalten. Allerdings gehörten die Nachwuchsorganisationen der Koalitionspartner Grüne und SPD indirekt zu den Unterstützern der Demo vom Wochenende – ebenso der Verkehrsclub VCD.
Hätten sie in einer U-Bahn gesessen, hätte man diese wohl als “leer” bezeichnen können: Es waren rund 30 Aktivisten, die am Samstag für den Wiederaufbau der Straßenbahnlinie durch den Reuterweg demonstrierten. Dazu aufgerufen hatte das Bündnis Verkehrswende Frankfurt. Der Demo-Aufruf war allerdings sehr viel weiter gefasst: “Das Bündnis möchte die alte Straßenbahnlinie 13 wiederbeleben und wendet sich gegen den U-Bahntunnel unter dem Grüneburgpark.”
Zum Bündnis gehören unter anderem Autogegner wie “Frankfurt 22″und das Aktionsbündnis Unmenschliche Autobahn, dazu Greenpeace, die Bürgerinitiative Grüne Lunge gegen das Wohngebiet Günthersburghöfe, die Rhein-Main-Regionalgruppe des VCD sowie die Frankfurt-Gruppe des globalisierungskritischen Netzwerks Attac. Attac wiederum nennt die Jugendorganisationen von Grünen und SPD, Grüne Jugend und Jusos, als Unterstützer.
Der Widerstand gegen den Tunnel unterm Grüneburgpark stammt von Gruppen aus dem Westend, die behaupten, dass dadurch die Bäume im Park beschädigt würden. Ob diese Gefahr besteht, ist aber noch nicht klar: Ein Gutachter soll das im Auftrag der Stadt bis nächstes Jahr untersuchen. Der Tunnel ist nötig, um die “Nagel-Kurve” und eine neue U-Bahn-Station direkt unterm Campus Westend der Goethe-Universität zu bauen, wenn die Stadt bis Ende des Jahrzehnts die U4-Lücke zwischen Bockenheimer Warte und Ginnheim schließt. Benannt ist die Kurve nach ihrem Ideengeber, dem CDU-Politiker und Verkehrsexperten Frank Nagel. Diese Lösung wird in der Stadtpolitik von der CDU bis zu den Linken unterstützt, ebenso von Universitätsleitung, Studierendenvertretung, Industrie- und Handelskammer.
Luxen: Bewusst nicht zu Demo gegangen
Mit der Unterstützung für die Demo gegen die Campus-U-Bahn wirkt es nun, als stellten sich VCD sowie – indirekt via Attac – Grüne und SPD gegen das Vorhaben. Wechselt die Römer-Fraktion unter grüner Führung gerade die Richtung? Tina Zapf, die Chefin der Römerfraktion der Grünen, widerspricht: “Wir stehen zum Koalitionsvertrag.” Darin ist der Campus-Anschluss der U4 enthalten mit der Einschränkung, dass der Gutachter keine Gefahr für den Park sieht. “Das gilt.”
Auch die Grüne Jugend sei am U4-Halt auf dem Campus interessiert, beteuert Zapf, die bis Dienstag auch Sprecherin der Grünen Jugend in Frankfurt war. “Für die Studierendenschaft ist es wichtig, dass sie gut an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen ist.” Das dürfe bloß nicht zulasten des Grüneburgparks gehen.
Den Campus-Anschluss wollten auch die Jusos, bestätigt Sprecher Lukas Schneider. Zwar unterstützen die Jusos Attac prinzipiell wegen dessen kritischer Sicht der Globalisierung. Das aber sei eine generelle Solidarität und beziehe sich nicht auf die Ablehnung des U-Bahn-Halts an der Uni. Es gebe eben manchmal “Punkte, wo man nicht einer Meinung ist”. Andererseits wundert sich Schneider schon: “Ich verstehe nicht, warum sich Attac mit einem so stark lokalen Thema beschäftigt.”
Es bestehe Konsens in der Koalition, dass man den Campus-Anschluss per U4 ohne Schäden am Park wolle, sagt Kristina Luxen, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Römer. “Der Koalitionsvertrag ist eindeutig.” Das sei keine Absage an die Reuterweg-Straßenbahn: Am besten werde die ebenfalls gebaut. Luxen räumt aber auch ein: Sie sei ausdrücklich nicht zur Demo gegangen, weil es dabei gegen den U4-Halt am Campus gegangen sei.
VCD: Aus Bündnis austreten, falls nötig
Teilgenommen an der Demo hat hingegen Mathias Biemann, Sprecher des VCD Rhein-Main. Die Demo sei “primär für die Straßenbahnlinie” gedacht gewesen. Der VCD spreche sich nicht gegen den U-Bahn-Halt an der Uni aus und wolle das Gutachten abwarten.
Warum aber steht der VCD dann hinter einem Bündnis, das den U-Bahn-Halt schon jetzt ablehnt? “Im Bündnis konnte ich mich gegen eine andere Mehrheit nicht durchsetzen”, erklärt Biemann. Und was, wenn das Gutachten keine Parkschäden vorhersagt, das Bündnis aber den Uni-Tunnel weiter ablehnt? Dann sei klar, sagt Mathias Biemann: Der VCD “müsste aus dem Bündnis austreten, wenn dies sich so festlegt”. Dennis Pfeiffer-Goldmann