Der Grünenpolitiker Stefan Majer kehrt nach 30 Jahren dem Römer den Rücken. Am 7. Juli räumt er sein Büro als Frankfurter Stadtrat.

Im Römer sagt man beim Abschied selten leise Servus. So war es auch am Donnerstagabend mit Stefan Majer, dem Grünenpolitiker, der an diesem Tag zum letzten Mal an einer Stadtverordnetenversammlung im Frankfurter Römer teilnahm, zumindest in offizieller Funktion. Vor 30 Jahren war er von den Frankfurtern erstmals ins Stadtparlament gewählt worden. Die vergangenen zwölf Jahre nahm er die Aufgabe eines hauptamtlichen Stadtrats wahr. Mit einer Unterbrechung war er davon sieben Jahre lang für die Verkehrspolitik in Frankfurt zuständig, und ebenfalls sieben Jahre lang, das allerdings am Stück seit 2016, trug er die Verantwortung für das Gesundheitsressort – dazu zählte ausgerechnet auch die Corona-Zeit. Natürlich sind das viele Jahre und viele Anlässe, den jetzt 65 Jahre alten evangelischen Theologen mit dem Ende seiner Amtszeit – also zweimal sechs Jahre als Stadtrat – in den verdienten Altersruhestand zu verabschieden.

Der Magistrat, die Stadtregierung, wird Stefan Majer offiziell am 4. Juli im Kaisersaal des Frankfurter Römer verabschieden. Mit Festreden und allem feierlichen Drum und Dran, ehe er am 7. Juli seinen letzten Arbeitstag haben wird. Aber natürlich wollte ihn auch das Stadtparlament am Donnerstagabend würdigen.

Stadtverordnetenvorsteherin Hilime Arslaner, ebenfalls Grünenpolitikerin, ergriff als Erste das Wort. Sie dankte ihm für die „jahrzehntelange Arbeit für Frankfurt“. Lobte Majers Einsatz als „unbeirrbaren Verfechter des Frankfurter Wegs“ in der Drogenpolitik. Dieser Weg, der auf Hilfe setzt, rettet nach Angaben Arslaners „jährlich etwa 100 Menschen das Leben“. Sie lobte Majer als Krankenhausbauer und Krankenhausreformer, auch als Leiter des Verwaltungsstabs Corona in der Zeit der Pandemie und verwies auf Majers Leistung, dass er sich mit „viel Geduld, noch mehr Hartnäckigkeit, aber auch Kompromissbereitschaft“ dafür einsetze, das „verkehrspolitische Umdenken in der Stadtgesellschaft voranzubringen“. Sagte es, überreicht dem scheidenden Stadtrat als Abschiedsgeschenk einen Frankfurt-Krimi, der „passend für einen ehemaligen Gesundheitsdezernenten“ im Rettungssanitätermilieu spiele.

Dass Arslaner wenig später dem neu gewählten Planungsdezernenten Marcus Gwechenberger ebenfalls einen Frankfurt-Krimi schenkte, da schon mit dem Hinweis, dies sei das Standardgeschenk des Stadtparlaments, tat der Abschiedsstimmung im Fall Majer keinen Abbruch.

Damit nicht genug. Die Fraktion der Grünen wollte es besonders gut machen, obwohl nicht einmal eine Handvoll der 23 Stadtverordneten Majer aus der Zeit als Mitglied des Parlaments kennt. Die Grünen nutzten die Fragestunde, die eigentlich als Stunde des Parlaments gilt, um der Regierung auf den Zahn zu fühlen, aber auch in Frankfurt inzwischen missbraucht wird, um die Stadträte der eigenen Partei in gutem Licht erscheinen zu lassen. Und so stellte Fraktionschef Dimitrios Bakakis sogar unter Hinweis auf die Verabschiedung Majers die durch und durch suggestive Frage: „Welche Maßnahmen haben sich in der Stadt Frankfurt im Mobilitätsbereich bewährt und bieten eine erfolgreiche Perspektive für die Zukunft?“

Der Nochmobilitätsdezernent nutzte die Chance. Elf Minuten lang dozierte er in der vertrauten Art und Weise. Bakakis merkte in der später von seiner Fraktion auch noch ergänzend zur Frage angemeldeten Aktuellen Stunde scherzhaft an, die Redensart „In der Kürze liegt die Würze“ werde von Majer ohnehin regelmäßig missachtet. Er lobte aber dessen stets freundliche, aber auch bestimmte Art, verwies auf dessen „feinen Humor“. Als persönliches Erlebnis mit ihm erwähnte Bakakis den Wunsch der Fraktion, für den Christopher Street Day 2016 einen Zebrastreifen in Regenbogenfarben zu tauchen. Mit Blick auf das Verkehrsrecht sei das nicht möglich gewesen. Stattdessen habe Majer angeregt, an einem Kreisel die Farben aufzutragen, und persönlich Hand angelegt. Seitdem hat Frankfurt den Regenbogenkreisel zwischen Alter Gasse und Großer Friedberger Straße. Den es, so Bakakis, „ohne dich nicht gäbe“.

Bei der CDU kam nicht einmal diese fast rührende Erinnerung gut an. „Mir fehlt jedes Verständnis, eine Frage anzumelden, nur um einen Stadtrat zu verabschieden“, kritisierte CDU-Politiker Frank Nagel. Majer werde doch mit einem ordentlichen Empfang gewürdigt. „Wir wollen im Stadtparlament aktuelle Themen bearbeiten“, forderte der verkehrspolitische Sprecher und ergänzte in der Rhetorik des Oppositionspolitikers: „Die Bürger wollen sehen, dass es in dieser Stadt vorwärtsgeht.“ Es brauche keine „schulmeisterlichen Belehrungen“ eines scheidenden Stadtrats. Dieser wies versöhnlich darauf hin, dass er doch vieles „mit euch, der CDU“ im Konsens gelöst habe. Es mache Spaß sich zu streiten, man dürfe nur nicht verlernen, Kompromisse zu finden, „um es gut hinzukriegen“.

Von Mechthild Harting