Koalitionäre reagieren unterschiedlich auf Brandbrief der Gewerbevereine gegen Anti-Auto-Politik
Frankfurt – Der Brandbrief der Gewerbevereine gegen die Anti-Auto-Politik der Stadtregierung kommt bei den Fraktionen der Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt unterschiedlich an. Während die FDP ankündigt, noch einmal darüber sprechen zu wollen, sind die Grünen von ihrer Arbeit vollauf überzeugt.
Es gebe „offensichtlich ein paar Missverständnisse“, erklärt Katharina Knacker, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. So hatten der Dachverband der Gewerbevereine sowie sechs einzelne Vereine aus Bornheim, Bockenheim, Dornbusch, Innenstadt und Sachsenhausen Alarm geschlagen. Durch das Umwandeln von Einkaufs- in Fahrradstraßen würden „kaufkraftstarke autofahrende Kunden“ fehlen, womit die Stadt die Existenz der Läden gefährde, erklären die Unternehmer.
Ein Missverständnis sei, dass keine Autos mehr fahren dürften, sagt Knacker. „Das stimmt nicht, fahrradfreundliche Nebenstraßen werden nicht autofrei.“ Damit Kunden und Lieferanten sogar besser Parkplätze finden, würden viele Kurzzeitparkplätze und Lieferzonen eingerichtet wie im Oeder Weg im Nordend. „Bisher konnte jeder dort ewig parken“, erinnert die Grünen-Politikerin.
Außerdem erfolge die von den Gewerbetreibenden geforderte individuelle Entscheidung für jede einzelne Straße, betont Knacker. So werde derzeit für die Schweizer Straße über ein ganz anderes Konzept gesprochen, als es im Oeder Weg umgesetzt worden sei. Für Leipziger und Berger Straße seien gar keine aktuellen Planungen vorhanden.
Dennoch: Die Stadt liege mit der Reihenfolge daneben, findet Frank Nagel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Es gebe mit Gutzkowstraße, Oberräder Fußweg, Nordendstraße und Daimler-/Schielestraße Strecken, die sich als Pilotprojekte für fahrradfreundliche Nebenstraßen deutlich besser eigneten als die engen innerstädtischen Straßen mit sich überlagernden Problemen – wie Oeder oder Grüneburgweg oder auch ganz aktuell der Kettenhofweg.
Nicht nur die Opposition, auch Koalitionspartner FDP reagiert weniger zurückweisend als die Grünen. „Die Analyse ist richtig“, attestiert Uwe Schulz den Gewerbetreibenden. Vor den Geschäftsleuten habe ja schon die Industrie- und Handelskammer auf das Problem hingewiesen, erinnert der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Römerfraktion. „Es darf nicht an den Gewerbetreibenden vorbei regiert werden.“ Er hat angekündigt, dass er über das Thema erneut sprechen will mit den verkehrspolitischen Sprechern der Koalition.
Dort will er auch den Oeder Weg thematisieren. Dort seien die Änderungen provisorisch umgesetzt worden. „Wenn man sieht, dass es nicht funktioniert, drängen wir darauf, es anzupassen“, kündigt Schulz an. Besonders die Diagonalsperre müsse man überprüfen, da sie „wie befürchtet“ den Verkehr in die umliegenden Anwohnerstraßen verdränge. „Der Oeder Weg ist nicht nur eine Anwohnerstraße, sondern auch die Durchfahrt zu den Geschäften.“
Grüne: Es können nie alle glücklich sein
Es sei „schwierig, nach so kurzer Zeit schon ein Resümee zu ziehen“, findet Katharina Knacker. Das Projekt sei extra auf ein Jahr begrenzt und werde wissenschaftlich begleitet. Wenn der Einzelhandel aktuell über Probleme klage, werde das auch zusätzlich durch die Folgen des Kriegs in der Ukraine verursacht.
„Schade, dass sich die Gewerbetreibenden nicht gehört fühlen“, reagiert die Grünen-Politikerin aber auf die Kritik an fehlender Kommunikation. Schließlich sei die Verwaltung offen und bemüht, es gebe viele Diskussionen, Runde Tische und Briefwurfsendungen. Aktuell seien die Unternehmer um den Schweizer Platz damit auch sehr zufrieden.
Die Kommunikation der Stadt sei besser geworden, gesteht Oppositionspolitiker Nagel zu. „Aber sie ist immer noch nicht ausreichend“, wie der Brandbrief zeige. So habe es etwa im Kettenhofweg keine Informationen oder Gespräche gegeben, auch keinen Rundbrief für Anlieger – sondern nur eine Presseerklärung eine Woche vor dem Baubeginn.
Klar sei, dass bei Änderungen „nie alle glücklich sein“ könnten, betont Katharina Knacker. Es müssten „verschiedene Interessen“ berücksichtigt werden, etwa auch die von Anwohnern oder Schülern. Das Gewerbe sitze stets mit am Tisch. „Niemand tut etwas, um dem Einzelhandel zu schaden“, sagt die Grünen-Politikerin. „Wir wollen einen gut florierenden Einzelhandel in der Stadt.“ Es seien nur „die Ansätze dafür unterschiedlich“.