Oberleitungsbusse sind kein Allheilmittel

Nahverkehr: Elektro-Alternative für hochbelastete Linien? Dezernent warnt vor Kosten und Problemen

Der Oberleitungsbus als Alter­native zu Dieselbussen? Das klingt nach einer sauberen Mög­lichkeit für den Frankfurter Nahverkehr – zuletzt wurden 0-Busse für die Buslinie 30 zwi­schen Sachsenhausen und Bad Vilbel gehandelt. Doch wie rea­listisch ist diese Idee?

VON DENNIS PFEIFFER-GOLDMANN

Frankfurt/Bad Vilbel. 60 Jahre ist es her, dass zum letzten Mal Lini­enbusse mit Oberleitung durch Frankfurt gerollt sind. Die Li­nie 60 war es seinerzeit, die auf ih­rer Fahrt zwischen Heddernheim und der Praunheimer Brücke via Römerstadt per Strippe mit Ener­gie versorgt wurde. Insgesamt fünf 0-Busse gab es dafür.

Ende vergangenen Jahres erin­nerten sich einige an diese saube­re Art des Busverkehrs – als näm­lich die Dieselbusse der Linie 30 plötzlich in den Fokus gerieten angesichts der Notwendigkeit, in der Innenstadt für saubere Luft zu sorgen. Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) wollte deshalb die Linie 30 in der City streichen und durch mehr Fahrten der Stra­ßenbahnlinie 18 ersetzen.

Dieser Vorschlag stieß auf reich­lich Widerstand von Pendlern und besonders aus der Nachbar­stadt Bad Vilbel. Die Linie führt von dort aus bis Sachsenhausen. Oesterling stellte das Vorhaben später dann auch zurück. Zuvor aber hatte Andreas Christopher vom Fahrgastverband Pro Bahn und Bus Hessen als Lösung in die­ser Zeitung eine 0-Bus-Linie ins Spiel gebracht.

Leichter ohne Batterien

Kurz darauf meldete sich auch der Frankfurter CDU-Verkehrsexperte Frank Nagel zu Wort. Er forderte zu prüfen, ob 0-Busse nicht als saubere Alternative auf den be­sonders hoch belasteten Buslinien 32, 34, 38 und 43 eingesetzt weren könnten. ,Yorteil von 0-Bus­sen gegenüber Batteriebussen ist, dass sie sich bewährt haben und nicht die schweren und ökolo­gisch fragwürdigen Batterien mit­schleppen müssen”, räumt Oester­ling ein. Einst seien 0-Busse in Deutschland weit verbreitet gewe­sen, inzwischen aber nur noch drei Netze übrig: in Solingen, Ess­lingen bei Stuttgart und im bran­denburgischen Eberswalde.

Allerdings benötigen Trolley­busse eben Oberleitungen – und um diese zu bauen, seien aufwendige Genehmigungen über Planfeststellungsverfahren notwendig, erläutert der Verkehrsdezernent. Eine 0-Bus-Linie könne damit nicht schneller realisiert werden als eine Straßenbahnlinie. Auch müssten Oberleitungsmaste ge­baut werden. „Früher wurden die Leitungen einfach an die Haus­wände an der Straße gedübelt, das ist heute nicht mehr zulässig”, er­läutert der Verkehrsdezernent.

Hinzu komme, dass für die 0-Busse auch ein Betriebshof nö­tig sei, der direkt im Verlauf der Linie liegen solle. Und mit einem Fehlurteil räumt der Stadtrat auf: 0-Busse könnten nicht einfach den Fahrdraht der Straßenbahn mitbenutzen. „Der 0-Bus benö­tigt andere Fahrleitungen”, näm­lich konkret eine zweite als Rück­leitung. Diese Aufgabe überneh­men bei Straßenbahnen die Räder sowie die Schiene aus Metall.

Tram-Leitung reicht nicht

Somit könne nicht einfach ein 0-Bus auf einer Straßenbahnstre­cke fahren. Dort können sogar un­ter Umständen besonders umfang­reiche Umbauarbeiten nötig wer­den. „Das ist nicht so einfach, wie man denkt”, unterstreicht der Ver­kehrsdezernent deshalb.

Er sei „kein 0-Bus-Feind”, be­tont er, gibt aber zu bedenken: „Es ist vielleicht nicht so gut, ein wei­teres System im Nahverkehr ein­zuführen.” Schließlich seien be­reits S-Bahn und U-Bahn, Straßen­bahn, Dieselbusse, Hybridbusse und Elektrobusse im Einsatz.

Investitionen waren es auch, die den 0-Bussen in Frankfurt anno 1959 den Garaus machten. Nach­dem sie anderthalb Dekaden lang zuverlässige Dienste geleistet hat­ten, schenkte es sich die Stadt, Geld in einer Erneuerung von Strecke und Fahrzeugen in Praun­heim, der Römerstadt und Hed­dernheim zu stecken. Seitdem rol­len auch dort Dieselbusse. Denn der Treibstoffmangel war kein Thema mehr, der im Krieg noch die Einführung der Busse mit der Strippe notwendig gemacht hatte.

 

*In Frankfurt rollten Trolley­busse von 1944 bis 1959 auf der Linie 60 zwi­schen Heddern­heim und – hier – der Praunheimer Brücke. Dieses Foto entstand vermutlich 1958. Foto: Fritz Roth, Sammlung Peter F. Linhart