Strenge Regeln der Stadt zeigen bisher kaum Wirkung – nur wenige markierte Stellflächen
Frankfurt – Die neuen Regeln für E-Scooter im Stadtzentrum zeigen auf den Straßen bisher keine sichtbare Wirkung. Das liegt vor allem daran, dass es bisher nur ganz wenige ausgewiesene E-Scooter-Parkplätze gibt. Bis diese flächendeckend markiert sind, dürfte es auch noch länger dauern.
Das räumt Wulfila Walter, Referent von Mobilitätsdezernent Stefan Majer (Grüne), auch ein. “Das Konzept des Straßenverkehrsamtes dafür ist noch nicht fertig.” Um die Stellflächen für die Leih-Tretroller ausweisen zu können, müsse dies “verkehrsrechtlich angeordnet” werden. Es habe bereits Begehungen gegeben, um herauszufinden, an welchen Stellen die E-Scooter-Parkplätze entstehen könnten, erklärt Walter.
Hindernisse auf Gehwegen
Strenge Regeln für die E-Scooter hatte die Stadt am Montag in Kraft gesetzt. Die Kommune will damit das Chaos mit den Leihfahrzeugen in den Griff bekommen. Seit langem gibt es viele Beschwerden, weil die Tretroller wild auf Gehwegen abgestellt werden, in Grünbereichen, sogar in den Main geworfen. Ebenso beschweren sich viele Fußgänger, Rad- und Autofahrer über die rabiate Fahrweise einiger Nutzer.
Die neue Regelung sieht vor, im Stadtkern die Anzahl der Tretroller auf 1000 Fahrzeuge je Verleiher zu begrenzen. Außerdem soll das Parken nur noch auf speziellen E-Scooter-Parkplätzen erlaubt sein. Von denen gab es zu Geltungsbeginn der neuen Regeln aber erst einen einzigen: in der Baseler Straße schräg gegenüber des Hauptbahnhofs.
Dieser Tage kommen laut Wulfila Walter fünf weitere in der Berliner Straße im Umfeld der Paulskirche hinzu. Dort lässt die Stadt gerade den Fahrbahnbelag erneuern und nutzt die ohnehin notwendige Neumarkierung. Statt rund sechs Autos können auf den Stellflächen in Zukunft 43 E-Scooter parken. “Ein super Anfang” sei das, lobt Caspar Spinnen vom schwedischen E-Scooter-Verleiher Voi – nach eigenen Angaben derjenige mit den meisten Fahrten in Frankfurt.
Mit der Umstellung vom bisherigen stationslosen Modell, bei dem die Scooter überall abgestellt und angemietet werden können, hin zum Stationsmodell hat Voi kein Problem. Solange Nutzer nicht mehr als 100 Meter Fußweg zur nächsten Ausleihstation hätten, “ist das so gut wie free floating”, sagt Spinnen.
Auch die anderen Verleiher sehen das so. Verleiher Bird aus Kalifornien etwa hält die neuen Regeln “für ein adäquates Mittel”, um “einen klaren und planungssicheren Rahmen für die Mikromobilität zu schaffen”. Wie schnell aber die neuen Regeln auch umgesetzt sind, wissen selbst die Verleiher nicht. “Die Frage ist, wann wie viele Parkplätze fertig werden”, sagt der Voi-Sprecher.
Selbst Majer-Referent Walter kann das aktuell nicht beantworten. Ziel sei es, flächendeckend alle 200 Meter E-Scooter-Stellflächen zu haben, und zwar “so schnell wie möglich”. Und bis wann? Es solle “nicht mehrere Jahre” dauern, sagt Walter.
Im Stadtkern gibt’s die größten Probleme
Mit dem Geltungsbereich im Stadtkern gehe die Stadt aber den Schwerpunkt der Beschwerden an. “Dort haben wir die größten Probleme”, sagt der Referent. Deshalb gelten die strengen Regeln für zunächst ein halbes Jahr im Gebiet innerhalb des Alleenrings in Innen- und Altstadt, Teilen von Bahnhofsviertel, Westend, Nordend, Ostend und Sachsenhausen – plus in der Berger Straße in Bornheim bis zur Falltorstraße.
Ohne Stellflächen aber bringe die Neuregelung keine Verbesserungen, fürchtet Frank Nagel, der verkehrspolitische Sprecher der CDU im Römer. “Es ist bisher nur ein zahnloser Tiger.” Schließlich ändere sich nichts an der prekären Parksituation.
Verleiher streben positives Image an
Auch Voi-Sprecher Spinnen räumt ein, dass sich durch die nur ganz wenigen Parkplätze bislang nichts ändere. Allerdings habe Voi die Systematik für die Nutzer umgekehrt: Statt Verbotsbereichen zeige die App nun die Flächen an, auf denen E-Scooter geparkt werden dürften, was, abgesehen etwa von Parks und Brücken, aber nahezu weiter das gesamte Stadtzentrum ist. Stellt ein Nutzer seinen Roller im nicht erlaubten Bereich ab, kassiere Voi 25 Euro – auch, weil Mitarbeiter den Roller umparken müssten.
Ob die Firma zufrieden ist, dass die Stadt faktisch das Angebot noch gar nicht einschränkt? “Ja und nein”, sagt Caspar Spinnen. “Wir wollen unser Produkt ja nicht nur als Gelddruckmaschine nutzen.” Schließlich wolle Voi, dass die Menschen die Leih-E-Scooter positiv wahrnähmen als Teil des Nahverkehrsangebots. Was eben nur geht, wenn sie nicht negativ gesehen werden und das Chaos gebändigt wird.
Kritisch sieht man in der Branche auch die Deckelung der Scooter-Anzahl. Dies könne weitere Wettbewerber auf den Plan rufen, und mit jedem kämen dann 1000 weitere E-Scooter hinzu, warnt Voi-Sprecher Spinnen. “Wir würden uns wünschen, dass die Stadt über eine Ausschreibung eine Begrenzung der Zahl der Anbieter vornimmt.” Dann könne die Stadt neben festen Fahrzeugzahlen auch Qualitätskriterien vorgeben. Dennis Pfeiffer-Goldmann