Der Riederwaldtunnel in Frankfurt, also der Ausbau der A66 im Frankfurter Osten um 2,2 Kilometer, die Hälfte davon im Tunnel, verteuert sich auf 1,5 Milliarden Euro.

Das geht aus einer schriftlichen Antwort von Staatssekretär Oliver Luksic (FDP) aus dem Bundesverkehrsministerium auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Susanne Menge (Grüne) hervor, die der Frankfurter Rundschau vorliegt.

Darin heißt es: „Die Kostenfortschreibung zu den Gesamtkosten des Bedarfsplanprojekts A 66, Frankfurt/Erlenbruch – AS Frankfurt/Bergen-Enkheim (Tunnel Riederwald) hat die Autobahn GmbH des Bundes mit Datum vom 25.05.2023 aufgestellt. Mit Risikozuschlägen beläuft sich diese demnach auf rund 1,5 Milliarden Euro.“

Noch 2017 hatte die hessische Straßenbehörde Hessen Mobil, die das Projekt damals verantwortete, die Kosten mit 477 Millionen Euro angegeben. Diese Summe nennt die Autobahn-GmbH des Bundes auch jetzt noch auf ihrer Projektseite.

Im Jahr 2022 schätzte die Autobahn-GmbH, dass sich die Kosten aufgrund der allgemeinen Preissteigerungen wohl auf 600 Millionen erhöhen würden.

Die nun veröffentlichten Gesamtkosten von 1,5 Milliarden Euro liegen mehr als eine Milliarde Euro über der Kostenschätzung von 2017. Der Kosten-Nutzen-Index wurde damals mit 1,95 angegeben. Der Nutzen würde demnach 95 Prozent über den Kosten liegen. Eine erneute Kosten-Nutzen-Untersuchung sieht der Bund nun aber nicht vor, da sich das Projekt bereits im Bau befindet.

„Mehrkosten in Höhe von rund einer Milliarde Euro sind eine regelrechte Kostenexplosion, wie es sie bei keinem anderen Straßenbauvorhaben in jüngster Zeit gegeben hat“, sagte die Bundestagsabgeordnete Susanne Menge. Der Verdacht dränge sich auf, dass „politisch Einfluss genommen und Kosten zu niedrig angesetzt wurden, um den ersten Spatenstich über die Bühne zu bekommen“.

Bereits am 23. September 2009 griffen der damalige Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und der damalige hessische Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) zum Spaten, um den Bau offiziell zu eröffnen. Das war aber weitgehend symbolisch.

Seitdem wurden lediglich Vorarbeiten ausgeführt: Die Baufläche ist freigeräumt; Bäume im Fechenheimer Wald wurden für Baustraßen gefällt. Der Bau des Autobahndreiecks Erlenbruch, das die ausgebaute A66 dereinst an die A661 anbinden soll, ist fertiggestellt. Die Hauptarbeiten für den Riederwaldtunnel will die Autobahn-GmbH erst Ende dieses Jahres vergeben.

Die Debatte zum Ausbau der A66 im Frankfurter Osten wird seit Anfang der 1960er Jahre geführt. 1989 begann die erste Planfeststellung. Ein Planfeststellungsbeschluss folgte 2007. Planänderungsbeschlüsse gab es in den Jahren 2014, 2016, 2017 und 2019, unter anderem zu Schutz vor Lärm, Abgas und Feinstaub.

Die Bundestagsabgeordnete Susanne Menge forderte Konsequenzen aus der „Kostenexplosion“: „Verkehrsminister Volker Wissing muss derzeit in Planung befindliche Tunnelprojekte umgehend einer Sonderprüfung mit einer eingehenden Risikobewertung unterziehen.“

Die Bürgerinitiative Riederwald forderte einen Baustopp: „Uns wurde bislang Ideologie vorgeworfen, dabei verhält es sich genau umgekehrt. Angesichts der Kostensteigerung gibt es keinen Grund mehr, am Riederwaldtunnel festzuhalten“, sagte der Sprecher Rainer Frey. Der Ausbau der A66 und der A661 bringe mehr Verkehr in den Frankfurter Osten, unter anderem auf die Friedberger Landstraße, den Ratsweg, die Hanauer Landstraße. Die Entlastung auf der Straße am Erlenbruch sei vergleichsweise marginal. Von der Stadt Frankfurt und vom Land Hessen wünschte sich Frey einen Einsatz für das Ende des Projekts.

Der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) äußerte sich auf FR-Anfrage nicht zum Riederwaldtunnel und verwies auf die Zuständigkeit des Bundes. Der Frankfurter Verkehrsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) sagte, als Grünen-Politiker sei er gegen das Projekt, die Handlungsmöglichkeiten der Stadt Frankfurt seien aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses aber begrenzt.

Der Frankfurter CDU-Politiker Frank Nagel aus der Opposition im Römer unterstützte den A66-Ausbau trotz der erhöhten Kosten. Auch die Deutsche Bahn oder die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) seien von allgemeinen Preissteigerungen betroffen. Die höheren Kosten beim Riederwaldtunnel führte er auch auf den jahrzehntelangen Widerstand gegen das Projekt zurück.

Katharina Knacker, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im Römer und Teil der Regierungskoalition, sagte, sie lehne den Riederwaldtunnel ab: Er helfe nicht gegen die Klimakrise und sei kontraproduktiv bei der Verkehrswende, da er mehr Verkehr in die Stadt bringe. Die Römer-Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt hätte sich im Koalitionsvertrag aber darauf verständigt, bereits laufende Autobahnprojekte wie den Riederwaldtunnel nicht infrage zu stellen. „Diese Kröte mussten wir schlucken.“

Das Bauende für den Riederwaldtunnel rückt unterdessen in die Ferne. Nach Informationen der Frankfurter Rundschau gibt das Bundesverkehrsministerium die Inbetriebnahme nun mit 2033 statt 2031 an.