Straßenbahnflotte soll größer werden

VGF verkauft weniger alte R-Wagen als erwartet

Die Straßenbahnflotte in Frankfurt soll bis Mitte des Jahrzehnts deutlich größer werden. Möglich wird das, da die städtische Verkehrsgesellschaft (VGF) nun doch nicht die komplette Flotte von Fahrzeugen der Baureihe R aus den Neunzigerjahren verkauft, sondern nur einen Teil. Zugleich werden in großer Zahl neue Wagen geliefert.

Zuletzt hatten Nachrichten aus Ungarn für Unruhe gesorgt: Ein Nachrichtenportal meldete, dass die Budapester Verkehrsbetriebe 35 R-Wagen kaufen wollten. VGF-Sprecher Bernd Conrads dementierte einen Vertragsabschluss, bestätigte nur Gespräche. Allerdings war die Fachwelt alarmiert: Mit dem Verkauf hätte Frankfurt ab 2027 zu wenige Trams, um das im März vom Parlament beschlossene Straßenbahnkonzept umzusetzen und Ende des Jahrzehnts die Ringstraßenbahn in Betrieb nehmen zu können.

Ohne R-Wagen wäre es dann nötig, mindestens 15 Fahrzeuge einer neuen Serie zu bestellen – die Verkehrdezernent Klaus Oesterling (SPD) bereits angekündigt hatte. Diese Super-Tram soll 2,65 Meter statt der heute üblichen 2,40 Meter breit werden und mehr Platz für Fahrgäste bieten. Allerdings: Es sei gar nicht vorgesehen, alle R-Wagen zu verkaufen, betont Oesterling, der auch den VGF-Aufsichtsrat führt. Nur die 18 Wagen der ersten Bauserie von 1994 seien “freigegeben für den Verkauf”. Die 20 R-Wagen der zweiten Bauserie von 1997 dagegen seien nötig, um das Straßenbahnkonzept umzusetzen. Dafür sowie als Ersatz für die 18 Fahrzeuge seien 46 Wagen der neuen Baureihe T bestellt.

“Es besteht keine Gefahr, dass wir zu wenige Fahrzeuge hätten”, beruhigt der Verkehrsdezernent. Die R-Wagen würden erst abgegeben, sobald neue T-Wagen geliefert werden. Die Lieferung der ersten neuen Bahn hat sich aktuell wegen Corona verzögert. Später wolle Hersteller Alstom zwei Fahrzeuge pro Monat liefern. Mit ihnen würden außerdem zunächst die sieben P-Wagen aus den Siebzigerjahren ersetzt, sagt Oesterling. Diese haben sogar noch Stufen, während die R-Wagen die ersten Niederflurwagen überhaupt waren. Die R-Wagen verfügen allerdings ebenso über keine Klimaanlage.

“Flexibel reagieren” auf Bevölkerungswachstum

Mit den 20 R-Wagen, den 46 bestellten T-Wagen und einer Option über weitere 13 T-Wagen sei die Flotte zusammen mit den 74 S-Wagen groß genug, um das Straßenbahnkonzept umzusetzen, erklärt der Verkehrsdezernent. Das wären 153 Fahrzeuge, die Stadt selbst hat einen Bedarf von 146 Fahrzeugen für das Straßenbahnkonzept sowie den Betrieb der Ringstraßenbahn kalkuliert. Gebe es ein paar Fahrzeuge mehr, müsse an Tagen mit Fahrten zu Eintracht-Spielen der Takt auf anderen Linien nicht mehr ausgedünnt werden, erklärt Oesterling. Die Entscheidung, eine neue Baureihe einzuführen und damit alle R-Wagen zu ersetzen, müsse in der Zukunft noch gefällt werden.

Wie viele Fahrzeuge wirklich nötig seien, sei heute aber noch gar nicht absehbar. “Das Straßenbahnkonzept ist unter der Annahme entstanden, dass es ein weiteres Bevölkerungswachstum von 15 Prozent gibt”, sagt Oesterling. Im Corona-Jahr 2020 habe die Bevölkerungszahl aber stagniert. Auf so etwas müsse die Politik “flexibel reagieren”.

Wie viele Straßenbahnwagen später verkauft oder wann eine neue Baureihe bestellt werde, lasse sich heute noch nicht sagen, betont Wolfgang Siefert, Stadtverordneter und Verkehrsexperte der Grünen. Das Straßenbahnkonzept wolle auch die neue Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt umsetzen, es sei ja auch schon unter grüner Beteiligung entstanden. “Was beschlossen ist, ist beschlossen”, sagt Siefert.

Es sei richtig, dass die VGF den Markt sondiere nach Käufern, erklärt Wolfgang Siefert, der auch im VGF-Aufsichtsrat sitzt. Akut stehe der Verkauf aber nicht an, sagt der Grünen-Politiker. Er betont auch: “Es wird kein Straßenbahnwagen verkauft, der noch gebraucht werden könnte.”