Aggressive Stimmung: Tram-Chaos mit Ansage an Südbahnhof und Textorstraße

Zwischen Lokalbahnhof und Südbahnhof fährt keine Straßenbahn mehr – wahrscheinlich weit ins Jahr 2025 hinein. Die Pendler fluchen.

Frankfurt – Das Chaos am frühen Morgen war vorherzusehen – dennoch trat ein, was eintreten musste. Längst nicht alle Fahrgäste waren informiert über den drastischen Einschnitt, der von heute an ihren üblichen Weg mit der Straßenbahn zwischen Lokalbahnhof und Südbahnhof unterbricht: Die Straßenbahn fährt zwischen beiden Stationen nicht mehr, weil die Textorstraße zwischen Darmstädter Landstraße und Martin-May-Straße gesperrt ist. Dort wird die Haltestelle Lokalbahnhof/Textorstraße barrierefrei umgebaut.

Für viele Oberräder Straßenbahnnutzer ist also für die nächsten zehn Monate am Lokalbahnhof Umsteigestation. Für jene, die am Südbahnhof in die Tram steigen wollen mit Ziel Oberrad (15, 16) oder Gravensteiner Platz (18) gilt: Auch sie müssen den Weg bis zum Lokalbahnhof überbrücken. Sei es zu Fuß oder mit der S-Bahn.

Suche nach der S-Bahn-Station Lokalbahnhof – keine Schilder
Oberräder Fahrgäste irrten Montagmorgen von der Straßenbahnhaltestelle Lokalbahnhof umher auf der Suche nach der S-Bahnstation Lokalbahnhof. Keine zusätzlichen Schilder weisen den Weg zur Station, die zwei Straßen weiter südlich Richtung Mörfelder Landstraße liegt und für Oberräder sonst so gut wie irrelevant ist. Denn sie steigen normalerweise an der S-Bahn-Station Mühlberg um, um in die Innenstadt zu gelangen. Manch einer hoffte, vom Mühlberg mit der S-Bahn barrierefrei zum Südbahnhof fahren zu können – um festzustellen, dass man von dort nur zur Ostendstraße fahren kann und dort erneut umsteigen muss.

Die meisten entschieden sich offenbar dafür, zu Fuß zu laufen. Entsprechend überlaufen war der Fußgängerüberweg über die Darmstädter Landstraße.

Der zur Fahrbahn hin abgesperrte Bürgersteig auf der nördlichen Textorstraße ist viel zu eng für die vielen Fußgänger, die morgens im Pulk von der Straßenbahn kamen. Viele Schüler kreuzten wegen des hohen Fußgängeraufkommens die vielbefahrene Darmstädter Landstraße mitten durch die Baustelle. Während die Schüler von den Änderungen wussten, war die Stimmung bei den Pendlern teils aggressiv. Es wurde geflucht und gewettert.

Verkehrte Welt auch am Südbahnhof: Dort warteten viele vergeblich auf ihre gewohnte Tramlinie 15 oder 18. Stattdessen entleerte sich die 16 vom Schweizer Platz kommend ungewohnterweise vor dem Bahnhofsgebäude, die als Endhaltestelle aber „Südbahnhof Bruchstraße“ am Fahrzeugkopf stehen hatte. Diese Haltestelle gibt es aber noch gar nicht. Sie wird erst im Laufe der Woche in der Hedderichstraße 200 Meter weiter an der Wendeanlage der Linie 15 eingerichtet, um den Fahrgästen eine weitere Station anzubieten, die sie näher Richtung Lokalbahnhof bringt.

VGF stellt kein Info-Personal an Textorstraße und Lokalbahnhof bereit

Die Verkehrsgesellschaft (VGF) beteuert, alles ordentlich ausgeschildert zu haben. „Aufgrund der langen Dauer der Bauarbeiten rund um die Textorstraße haben wir uns in diesem Fall gegen provisorische Hinweisschilder und für eine dauerhafte Lösung entschieden“, sagt eine Sprecherin. „Alle statischen Beschilderungen an Haltestellen wurden so angepasst, dass sie die aktuelle Linienführung widerspiegeln.“ Personal einzusetzen, das in den ersten Tagen die Fragen der umherirrenden Fahrgäste vor Ort beantwortet, sei deshalb nicht nötig.

In allen Vitrinen entlang der betroffenen Linien seien die aktualisierten Liniennetzpläne und Fahrpläne aufgehängt worden. „Gelbe Schilder sowie die Digitale Fahrgast-Information (DFI) weisen Fahrgäste darauf hin, sich mit Hilfe der aktualisierten Liniennetzpläne zu informieren.“ Auch das Störungstool auf vgf-ffm.de informiere über die Änderungen.

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU Frankfurt, Frank Nagel, ist schockiert, dass außer den Infos der VGF die Stadt im Vorfeld „so schlecht kommuniziert“ habe: „Ein zielführender Dialog mit den Bürgern sieht anders aus. Eine Pressekonferenz mitten in den Ferien ist halt nicht ausreichend, wenn man zehn Monate die Straßenbahnstrecke sperrt und 21 Monate einen Knotenpunkt umbaut.“

Große Schilder, die von der Tramhaltestelle Lokalbahnhof zur S-Bahn-Station weisen, hätten die irritierten Fahrgäste lenken können, findet Nagel. Auch viele Gewerbetreibende mussten gestern selbst herausfinden, wie sie ihre Geschäfte von jetzt an um die Absperrbaken herum beliefern lassen. Auch dieser Teil des Chaos war programmiert. Stefanie Wehr