U4-Ausbau wird aufgeschoben – Das ist der Grund
Von Dennis Pfeiffer-Goldmann
Bis ins nächste Jahr hinein wird die Entscheidung über den U4-Lückenschluss zwischen Bockenheim und Ginnheim aufgeschoben. Das ist der Grund.
Frankfurt – “Ungefähr zehn Trassen” sind es, über die die Lücke in der U4 zwischen Bockenheimer Warte und Ginnheim geschlossen werden könnte. Welche genau, will Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) in den nächsten zwei bis drei Wochen den Stadtverordneten vorlegen. Denn: “Die Trassenuntersuchung ist fertig.”
Mit der Analyse der Varianten ist ein wichtiger Schritt für den Lückenschluss der DII-Strecke der U-Bahn zwischen Hauptbahnhof und den nordwestlichen Stadtteilen gemacht. Nun werden die technische Machbarkeit und die Kosten klar. Diese sollen zwischen 160 bis 170 Millionen Euro für die kürzeren Trassen entlang der Miquelallee und vorbei am Europaturm sowie 220 bis 230 Millionen Euro für die längeren Trassen liegen, die einen weiten Bogen machen, um auch den Uni-Campus Westend zu erschließen. Die Untersuchungen haben bereits ein Jahr Verspätung – unter anderem, weil zwecks Rechtssicherheit auch die politisch bereits beerdigte “Frauenfriedenskirchen-Variante” durch Bockenheim nachträglich aufgenommen wurde.
Zusätzlich hatten die Goethe-Universität und CDU-Verkehrsexperte Frank Nagel einen noch etwas weiteren Bogen (“Nagelkurve”) bis mittig unter den Uni-Campus mit Haltestelle im Bereich des Adorno-Platzes vorgeschlagen. Die ursprüngliche “Ginnheimer Kurve”, von Bürgern initiiert, sieht eine Station lediglich am Nordwestrand des Campus vor. Hatte Oesterling bisher angekündigt, dass alle Zahlen bis Jahresende auf dem Tisch liegen sollen, schränkt er das nun auf die reinen Kosten ein: “Die eigentliche Kosten-Nutzen-Untersuchung wird sich daran anschließen.”
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Damit dürfte sich diese Untersuchung deutlich ins nächste Jahr hinein ziehen. Und mit der reinen Kostenaufstellung fehlen den Stadtverordneten zunächst wichtige Daten. Denn ob sich ein Projekt rechnet, hängt nicht nur von Kosten ab, sondern auch vom volkswirtschaftlichen Nutzen.
In dessen Berechnung werden Zahlen wie eingesparte Reisezeit und Fahrgastpotenzial einbezogen, Betriebskosten, Entlastungen und Einsparungen auf anderen Strecken – auch zum Beispiel, ob durch eine neue U-Bahn Menschen das Auto stehen lassen. Die Berechnung solle eine Arbeitsgruppe von Stadt und Landesverkehrsbehörde “Hessen Mobil” erstellen, sagt Oesterling. Daher werde jetzt auch ein Vorab-Votum der Stadtverordneten nötig: “,Hessen Mobil’ bittet darum aus Zeit- und Kostengründen, dass wir stadtseitig die zehn Varianten auf zwei bis drei eindicken.”
Aber sagen nackte Kostenzahlen ohne Nutzenberechnung überhaupt etwas aus? “Da gibt es schon deutliche Unterschiede”, sagt Oesterling. Natürlich hätten die direkten Varianten via Europaturm den Vorteil geringerer Baukosten und kürzerer Reisezeiten für Fahrgäste nördlich von Ginnheim. “Diese Varianten rechnen sich alle.”
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Der Stadtrat räumt ein: Zu den reinen Baukosten der Direktvarianten müssten zusätzlich die Kosten für die Erweiterung der U-Bahn-Station Holzhausenstraße eingerechnet werden, wenn diese dauerhaft alleine den Uni-Campus erschließen müsse. Die Station im Westend sei nicht für die heute großen Fahrgastmengen vorgesehen gewesen und für diese auch nicht geeignet.
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Also doch eine der Kurven-Lösungen? Das ist noch unklar: “Die Varianten über die Uni haben höhere Baukosten, eine höhere Reisezeit, aber durch die Erschließung der Uni auch das höhere Fahrgastpotenzial”, erläutert der Verkehrsdezernent. Er ahnt, dass wegen der viel längeren Tunnelstrecken derart hohe Kosten anfallen könnten, dass der Nutzen diese womöglich nicht aufwiegt – wodurch der Bund kein Fördergeld zahlen würde. Das hat Frankfurt schon einmal erlebt: Der U5-Tunnel durchs Europaviertel verfehlte die Quote, weshalb diese U-Bahn nun oberirdisch gebaut wird.
Für die Campus-Varianten dürften demnach schwierige Gespräche mit dem Bund sowie dem Land – die von ihm betriebene Uni hätte mit ihren 40 000 Studenten und Mitarbeitern den höchsten Nutzen – anstehen. Andererseits: “Der Bund hat derzeit sehr viele Mittel”, erinnert Oesterling an aktuell aufgestockte Förderprogramme mit dem Ziel, die Luft in Städten zu verbessern.
Ist die Kurve via Campus also auch die Vorzugslösung der Stadt? “Ich lege mich da nicht öffentlich fest”, betont der Verkehrsdezernent. Jedoch ist Klaus Oesterling überzeugt, dass eine zukunftsfähige Lösung nötig sei: “Wir sollten nicht für 200 bis 250 Millionen Euro eine neue Strecke bauen und dann an der Uni vorbeifahren.”
Währenddessen müssen sich die Pendler zwischen Frankfurt und Oberursel auf längere Fahrten einstellen: Die U-Bahn-Linie U3 wird wegen Bauarbeiten unterbrochen.
In Nieder-Eschbach hingegen macht die U-Bahn Probleme. Sie wendet dort mitten im Wohngebiet. Der Lärm stört die Anwohner. Die fordern eine Lösung.
Inzwischen sind die tatsächlichen Verläufe der möglichen Routen für den Lückenschluss der U4* bekannt. Welche Lösung es letztendlich wird, hängt aber von vielen Faktoren ab.
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