Drei Tage vor der OB-Wahl gibt es im Frankfurter Stadtparlament nur noch Konkurrentinnen und Konkurrenten / Von Sandra Busch
Es geht um Verkehrspolitik. Um Staus. Frankfurt steht in den Stau-Rankings ganz gut da. „Aber das interessiert ja nicht diejenigen, die im Stau stehen“, sagt CDU-Stadtverordneter Frank Nagel am Donnerstagabend im Stadtparlament. Und dann wettert er los: Eine „autofeindliche Politik vor allem der Grünen“ sei das, die völlig die Bodenhaftung verloren hätten. Straßen würden rigoros gesperrt, es werde sich nicht um die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger gekümmert, Autos würden in Nebenstraßen gedrängt. Weiter kommt er nicht. Ein Zwischenruf von Yanki Pürsün, OB-Kandidat der FDP, unterbricht ihn. „Glaubst du, was der Uwe dir aufgeschrieben hat?“ Gemeint ist Uwe Becker, OB-Kandidat der CDU, der im Wahlkampf dafür streitet, dass Autos ihren Platz in der Stadt haben.
Es gibt Gelächter. Aber eigentlich ist die Lage ernst. Es sind noch drei Tage bis zur OB-Wahl. Endspurt. Die am Mittwoch veröffentlichte Umfrage macht als Thema vor der Sitzung noch die Runde: Becker und Mike Josef (SPD) vorne, Manuela Rottmann (Grüne) weit dahinter. Die einen flüstern, dass sie das Ergebnis so nehmen würden, die anderen verweisen darauf, dass die Grünen in der Vergangenheit in den Umfragen gut gelegen und dann bei der Wahl schlecht abgeschnitten hätten. Nervös sind alle irgendwie. Aber es ist auch klar: Es muss in den letzten Stunden noch einmal alles gegeben werden. Auch im Plenarsaal.
Und so zieht sich die OB-Wahl durch die Reden. Der Plenarsaal wird zur Wahlkampfarena. Koalitionspartner werden zu Konkurrenten. Bei Reden der Grünen hält sich die SPD mit Applaus zurück – und umgekehrt. Viel lieber wird sich profiliert oder der Gegner angegangen. Und es sind an diesem Abend alle Gegner. Die „verstaubte Version von Petra Roth“ habe die CDU mit Uwe Becker „aus der Mottenkiste geholt“, poltert Uli Baier (Grüne) bei der Debatte über den Kulturcampus. Eine angemeldete Frage der SPD zur Schließung Bindings? Da kann sich Josef profilieren. Schließlich ist er auch Planungsdezernent, hat also nun noch einmal die Gelegenheit, ausführlich zu erklären, dass der Gewerbestandort erhalten bleibt, ein Bebauungsplan das „festzurren“ solle und dass das Grundstück nicht „spekulativ infrage gestellt“ werde. Gut, aber das wissen eigentlich auch schon alle.
Ganz anders profiliert sich Freidemokrat Pürsün. Und zwar auf Kosten der Koalitionspartner – die FDP regiert mit Grünen, SPD und Volt. Pürsün, der sich als Aufklärer im Wahlkampf hervortut, als der große Kümmerer, stellt nun selbst eine Frage im Plenum. Wann mit dem Baubeginn für die Sportanlage Bertramswiese zu rechnen ist, will er wissen. Darauf muss Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) antworten. Und kann nur sagen: Da werden noch Gutachten gebraucht. Der Kümmerer weist auf einen Missstand hin – einen Missstand in der Koalition.
Nun können sich Rottmann und Becker im Stadtparlament nicht selbst darstellen, weil sie weder Stadtverordnete sind noch ein Dezernat leiten. Sie sind daher nicht da. Aber sie haben ihre Fraktionen, die gegen die anderen austeilen. Die CDU etwa bei der Diskussion über den Kulturcampus, die der Stadtverordnete Albrecht Kochsiek zu einer Generalabrechnung mit der Koalition nutzt. Die schleppende Entwicklung auf dem Areal in Bockenheim sei das eine, aber zudem fehle es an Gewerbeflächen, und einen Bebauungsplan hätten die Stadtverordneten schon ewig nicht mehr beschlossen.
Und nochmal die CDU, diesmal beim Thema Waffenverbotsszone im Bahnhofsviertel. Die Christdemokraten wollen das, und auch Josef, Pürsün und Rottmann haben sich im Wahlkampf mehrfach dafür ausgesprochen. „Solche Lippenbekenntnisse helfen nicht“, empört sich der CDU-Stadtverordnete Martin-Benedikt Schäfer. Uwe Schulz (FDP) erwidert, die von der CDU vorgeschlagenen Waffenverbotszonen außerhalb des Bahnhofsviertels würden vor Gericht nicht standhalten. „Becker gewinnt ja immer die Silbermedaille vor Gericht“, behauptet der Stadtverordnete.
Wer sich nun profiliert hat, wer angeschlagen ist, wer am Ende die Goldmedaille im OB-Wahlkampf gewinnen wird – das wird sich am 5. März entscheiden. Dann haben die Frankfurterinnen und Frankfurter die Wahl.
TERMINE
Der Wahlkampf für die OB- Wahl befindet sich in der Endphase. Bevor die Wahllokale am Sonntag, 5. März, öffnen, gibt es noch Möglichkeiten, die Kandidatinnen und Kandidaten zu treffen. Die Termine im Überblick:
Uwe Becker (CDU)
März, ab 6.30 Uhr: Treffen vor Feuerwehr und VGF 15 Uhr: Infostand in Bergen-Enkheim Ab 16.30 Uhr: Stadtteilspaziergang in Seckbach 4. März, ganztägig: Besuch der Infostände in den Stadtteilen Bergen-Enkheim, Bockenheim, Bornheim, Dornbusch, Frankfurter Berg, Sachsenhausen, Gallusviertel, Griesheim, Unterliederbach, Riedberg, Nordend, Nied, Nieder-Erlenbach, Nieder-Eschbach, Niederursel, Oberrad, Ostend, Praunheim, Rödelheim, Schwanheim, Sossenheim, Westend und Zeilsheim/ Sindlingen
Mike Josef (SPD)
März, ab 16 Uhr: vor Südbahnhof. 4. März, ab 9.30 Uhr: Besuch der Infostände in Sossenheim, Höchst, Sindlingen, Unterliederbach, Rödelheim, anschließend Hausbesuche im Riederwald
Manuela Rottmann (Grüne)
3. März, 12 Uhr: Klimastreik (Alte Oper) 16 Uhr: Wahlkampfendspurt (Liebfrauenberg) mit Omid Nouripour 4. März, 19.30 Uhr: Kneipen- und Straßenwahlkampf, Yok Yok, Münchenerstraße, Bahnhofsviertel, Innenstadt
Yanki Pürsün (FDP)
3. März, 16 Uhr: Infostand am Gravensteiner Platz 4. März, 10 Uhr: Infostand am Schweizer Platz. prmk