Weniger ÖPNV – oder mehr Finanzmittel!?

Die Diskussion beim ÖPNV geht nur in eine Richtung: Wir brauchen mehr davon. Die Nachfrage beim 9-Euro-Ticket zeigt, dass die Chancen für die Mobilitätswende in der Bevölkerung schon vorliegen. Flatrate-Tickets haben viele Befürworter. Bei den aktuellen Teuerungsraten freuen sich die Bürger über Entlastung. Und die ÖPNV-Branche hofft nach dem pandemiebedingten Rückgang auf Erholung der Fahrgastzahlen. Umweltfreundliche Verkehrsmittel stehen klimatechnisch ohnehin außer Diskussion. Mehr ÖPNV ist gefragt.

Engpass ist aber die Infrastruktur. Die Bundesregierung muss den angekündigten Ausbau und Modernisierungspakt noch in diesem Jahr definieren und beschließen. Die Ausbaustrategie muss mit entsprechenden Mitteln finanziert und realisiert werden. Das gilt für Bund und Länder. Die Bundesmittel von 2,5 Mrd. Euro für das 9-Euro-Ticket werden den um 3,7 Mrd. aufgestockten Regionalisierungsmitteln für das Jahr 2022 zweckentfremdet. Der Deutsche Städtetag fordert vom Bund, weitere 1,7 Mrd. Euro draufzulegen und die Mittel für die Folgejahre aufzustocken.

Auch das Land muss deutlich mehr Mittel aus dem Landeshaushalt bereitstellen. In der auslaufenden Finanzierungsvereinbarung des Landes Hessen mit den Hessischen Verbünden stammen 79% vom Bund, 18% aus dem Kommunalen Finanzausgleich und lediglich 3% sind „originäre Landesmittel“.

Ausbaustrategie für Infrastruktur und Angebot fehlt

Die politische Vorgabe von +30% Fahrgäste bis 2030 war Maßgabe für den Regionalen Nahverkehrsplan des RMV Rhein-Main-Verkehrsverbunds. Das Angebot soll ausgebaut werden. Aber das Geld fehlt schon jetzt – ohne weiteren Ausbau: Mit dem Hessenindex engagierte sich das Land für eine Verbesserung der Stundenlöhne beim Busfahrpersonal, dies schlägt auf die Abrechnungen durch. Die Energiekosten steigen ebenfalls deutlich – infolge des Ukrainekrieges. Und die gesetzlichen Vorgaben für mehr emissionsfreie Fahrzeuge verdoppeln die Fahrzeugbeschaffungskosten fast. Derzeit kostet ein E-Bus so viel wie zwei Dieselbusse (wobei das Land 40% der Fahrzeugmehrkosten fördert). Die Kosten für die kommunalen Gesellschafter steigen also schon jetzt deutlich.

Es steht zu befürchten, dass das Land Hessen in der kommenden Finanzierungsvereinbarung 2023-2027 mit den hessischen Verkehrsverbünden einen Kostenansatz beziffert, der unter dem von den Verbünden angemeldeten Bedarf liegt. Der hessische Landkreistag lehnt eine Erhöhung des ÖPNV-Anteils aus Kommunalen Finanzausgleich ab, denn die finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen sind schon jetzt sehr eng.

Wo aber die Mittel fehlen, muss das Leistungsangebot gekürzt werden. So steht nun beim ÖPNV ein Weniger zu befürchten, wo ein Mehr dringend erforderlich ist. So geschehen zuletzt in Offenbach.