Mittwoch, 02. Juni 2021, Frankfurter Neue Presse / Lokales
Wem der Rufbus hilft und wem
Nicht
FRANKFURTER OSTEN – Wer Glück hat, wird vor die Haustüre
chauffiert – Nachts um 1 Uhr ist Schluss
Wie schon beim “Hopper” in Offenbach praktiziert, sollen jetzt auch bei den Frankfurter
Rufbussen elektrisch betriebene Mercedes-Kleinbusse eingesetzt werden.
Ab Januar 2022 – und damit ein Vierteljahr später als geplant – sollen On-Demand-Busse in und zwischen Nieder-Erlenbach, Harheim, Bonames und Nieder-Eschbach fahren. An sieben Tagen in der Woche von 5 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts soll das Angebot gelten. Daran regt sich nun Kritik aus den Reihen der CDU. Das Prinzip der On-Demand-Busse (der englische Ausdruck “on demand” heißt “auf Abruf”) funktioniert so: Mit der App “ioki” oder mit einem Anruf kann man eine individuelle Busfahrt buchen. Man gibt Start- und Zielpunkt an, etwa vom eigenen Wohnort zum Supermarkt. Gibt es mehrere Buchungen mit gleicher Fahrtrichtung, errechnet die App eine Route, die die Fahrten verbindet. Für eine Fahrt zahlen Fahrgäste einen Grundpreis von zwei Euro, der entfällt, wenn man eine gültige Fahrkarte hat. Hinzu kommt ein “Komfortzuschlag” von einem Euro und noch einmal 0,30 Euro pro Kilometer. Das Projekt ist Teil einer Kooperation unter der Regie des Rhein-Main- Verkehrsverbundes (RMV). So starten ähnliche Pilotprojekte in neun Regionen, etwa auch Hofheim, Limburg oder Offenbach.
Der Verkehrspolitiker Frank Nagel (CDU) kritisiert, dass es für das Projekt in Frankfurt kein Konzept gebe. Es sei unklar, welche Lücken im ÖPNV mit den Rufbussen geschlossen werden sollten. Fragt man im Verkehrsdezernat nach, verweist Dezernent Klaus Oesterling (SPD) an die Frankfurter Nahverkehrsgesellschaft Traffiq. Ihre Antwort: “Da wir ein gutes Nahverkehrsangebot in den Stadtteilen vorhalten, wird der On-Demand-Service das bestehende Angebot für kürzere Wege in den Stadtteilen und als Zubringer ergänzen.” Konkreter wolle er nicht werden, bevor das Konzept Mitte Juni vorgestellt wird.
Nieder-Erlenbachs Ortsvorsteher Yannick Schwander (CDU) möchte die Fahrzeiten an Wochenenden und Vorfeiertagen auf die Nacht ausweiten. Damit könnten es auch junge Menschen nutzen, die vom Feiern in der Stadt kommen. Laut Traffiq wäre diese Anpassung noch möglich. Msr
Drei Szenarien und die Grenzen des On-Demand-Angebots
Der Sohn hat sich ausgeschlossen
Die Nieder-Erlenbacherin steht nach einem Arbeitsdonnerstag um 17 Uhr auf dem Niddaplatz in Bad Vilbel und will einkaufen. Da ruft der Sohn an, sagt, dass er sich ausgeschlossen habe, aber bald in die Wohnung muss. Derzeit wäre die Frau zu Fuß am schnellsten. Etwa eine Stunde könnte sie für die rund vier Kilometer brauchen. Mit dem 25er- und dem 65er-Bus gäbe es zwar eine Verbindung, die 23
Minuten braucht, dafür hat der Sohn aber zehn Minuten zu spät angerufen. So müsste sie mit dem 30er-Bus zum Bad Vilbeler Bahnhof fahren, mit der S6 nach Berkersheim und dem 25er nach Nieder- Erlenbach. 18.05 Uhr wäre sie am Rathaus. Die Strecke ist zwar kurz, aber der Rufbus würde wenig helfen. Nach Bad Vilbel würde er nicht fahren, erklärt ein Sprecher der Traffiq. Die Berkersheimer S-Bahn- Station würde er anfahren, ob er schneller ist als der 25er, ist möglich, da 15 Minuten Wartezeit entfallen könnten.
Sie hat den Falschen geküsst
Samstagnacht um 1.30 Uhr hat der Harheimer keine Lust mehr, seinen 18. Geburtstag in Alt-Sachsenhausen zu feiern. Marie hat nicht ihn, sondern Lukas geküsst. Statt sich zu betrinken, will der Harheimer nach Hause. Derzeit wäre er 3.05 Uhr am Harheimer Rathaus. Mit der S-Bahn vom Lokalbahnhof zur Hauptwache, mit der U8 weiter zur Haltestelle Kalbach und dann mit dem 28er nach Harheim. Nach aktuellem Plan würde der Rufbus ihm nicht helfen, weil der
Bus nur bis 1 Uhr nachts fährt. Die CDU, darunter auch Nieder- Erlenbachs Ortsvorsteher Yannick Schwander, fordert daher die Fahrzeiten des Rufbusses an Wochenenden und Vorfeiertagen auf die Nacht auszuweiten. Der unglücklich verliebte Harheimer wäre so etwa 30 Minuten früher zu Hause. In der Bahn nach Berkersheim, würde er per App den Bus auf 2.17 Uhr am Bahnhof bestellen und
sein Wohnhaus als Ziel angeben.
Verabredung im Regen ist geplatzt
Dass ihre Bekannte den gemeinsamen Spaziergang an der Nidda bei Regen ausfallen lässt, erfährt die Nieder-Erlenbacherin erst, als sie am Sonntag um 14 Uhr unterm Regenschirm am Alten Flugplatz in Bonames steht. Wut steigt auf und der Wunsch, schnell nach Hause zu kommen. Den 27er-Bus, der 14.02 Uhr an der Haltestelle Nordpark/ Alter Flugplatz abfährt, wird sie nicht mehr erwischen. Also
muss sie mit dem 27er-Bus um 14.32 Uhr zur Station Frankfurter Berg, von dort mit der S-Bahn nach Berkersheim und dann mit dem 25er-Bus nach Nieder-Erlenbach fahren. 15.05 Uhr ist sie am Rathaus. Wenn es mit dem Rufbus gut funktioniert, könnte er ihr wirklich helfen. Sie bestellt den Bus mit einem Telefonanruf zum Alten Flugplatz. Nach 15 Minuten sitzt sie im Trockenen und noch einmal 15 Minuten später ist sie ohne Umsteigen daheim, denn der Rufbus fährt sie direkt vor die Haustür. msr