Dienstag, 08. September 2020, Frankfurter Neue Presse / Lokales
Wenn aus ein bisschen zu spät viel zu spät wird
VERKEHR – Seit auf der Friedberger Radler mehr Platz haben, kommen Trams und Busse langsamer voran
Am Friedberger Platz muss die Tram warten, bis ihr die Linksabbieger Platz machen. Foto: Rainer Rüffer
Frankfurt – Die Verbesserungen für den Radverkehr in der
Friedberger Landstraße führen zu Verspätungen bei
Straßenbahnen und Linienbussen. Das zeigt sich in den ersten
Wochen mit den neuen Radspuren. Dezernent Klaus Oesterling (SPD) sieht darin kein Problem. Andere schon.
Leuchtend Rot strahlen die Radspuren südlich des Friedberger Platzes allen auf der Friedberger Landstraße entgegen. Aus zwei Autospuren je Richtung hat die Stadt während der
Sommerferien eine Auto- und eine Radspur markieren lassen.
Kritiker hatten lange Staus befürchtet, die bleiben bislang aus. Wobei: Viel Stau gibt es derzeit weiter im Norden an der Kreuzung mit der Hofhausstraße wegen einer Baustelle. Und auch weiter im Süden, an der Kreuzung von Kurt-Schumacher- und Battonnstraße, geht es oft eng und mitunter chaotisch zu, weil die nach Norden führende Strecke oft voll ist – reduziert auf eine Auto- neben der Radspur.
In der südlichen Friedberger Landstraße hingegen rollt alles bislang recht flüssig – bis auf die Straßenbahnen: Sie sammeln immer wieder Verspätungen von einer bis zwei Minuten an, besonders zwischen den Haltestellen Rohrbach-/Friedberger Landstraße und Hessendenkmal. Das offenbart nicht nur der Blick in die Fahrplanauskunft, unter der Hand bestätigen es ebenso Nahverkehrsverantwortliche. Die Ursache: Straßenbahnen müssen hinter Linksabbiegern warten, bis diese wegfahren können – was oft eine komplette Grünphase lang dauert. Die Stadt hat auf dem Tram-Gleis eine neue Linksabbiegespur in die Bornheimer Landstraße markiert.
Wegen der neuen Radspur fehlt nun auf der restlichen
Fahrbahn der Platz für die Linksabbieger. Dass es zu Verspätungen kommen könnte, hatte Klaus Oesterling selbst schon im Vorfeld eingeräumt. Nun sagt er zu den Folgen der Radspuren für den Nahverkehr: “Ich sehe da keine Auswirkungen.” Er räumt aber ein: “Das sehen wir erst im nächsten Monat.” Es gebe monatliche Auswertungen der Pünktlichkeit.
Busse und Bahnen dürften nicht ausgebremst werden, fordert der Vorsitzende des Fachausschusses Verkehr der Frankfurter CDU, Frank Nagel. “Die ersten Tage nach Einführung der
Fahrradstreifen zeigen, dass sich im Berufsverkehr in der Hauptrichtung die Fahrzeit auf den Linien jeweils um ein bis zwei Minuten verlängert.” Hier seien jeden Tag 30 000 Menschen in den Trams der Linien 12 und 18 sowie in den Bussen der Linie 30 unterwegs.
Schlecht für die Attraktivität des Nahverkehrs sei es, wenn Fahrgäste durch die Extra-Verspätungen Anschlüsse verpassten, zum Beispiel an der Konstablerwache. “Dann werden aus ein oder zwei schnell 15 Minuten Verspätung, wenn die S-Bahn vor der Nase wegfährt.” Mit den nun provozierten Fahrzeitverlängerungen “kann die Mobilitätswende nicht gelingen”, warnt Nagel.
Zumal die Stadt gerade viel Fördergeld des Bundes ausgebe, um unter anderem die Linie 12 durch eine Vorrangschaltung an Ampeln zu beschleunigen. Das werde durch die Situation am Friedberger Platz konterkariert. Und es drohe für die Stadt teuer zu werden, wenn längere Umlaufzeiten und mehr Fahrzeuge nötig würden, um die Verspätungen durch längere Fahrzeiten aufzufangen. Deshalb fordert der CDU-Experte: Nach den Verbesserungen für den Radverkehr müsse es dringend auch Vorrang für Trams und Busse in der
Friedberger Landstraße geben. Das sei, schätzt Nagel, durch “eine intelligente Lösung in der Schaltung der Ampeln” möglich.
Oesterling will nun die Zahlen abwarten. Eine Anpassung des nächsten Fahrplans mit längeren Fahrzeiten für 12, 18 und 30 sieht der Verkehrsdezernent aber nicht als notwendig an. Verspätungen von ein bis zwei Minuten “gibt es doch immer einmal”.