Wann bekommt der Westend-Campus endlich den U4-Anschluss?

Der Lückenschluss für die U-Bahn-Linie 4 verzögert sich erneut. Im Verkehrsdezernat wird auch eine mögliche Führung direkt unter den Uni-Campus Westend hindurch geprüft. Eines ist schon jetzt klar: Diese Lösung würde noch deutlich teurer.

Frankfurt – Der Weg zur Vorlesung ist an der Frankfurter Goethe-Universität mit Hindernissen gespickt, wenn Studenten und Lehrkräfte per U-Bahn anreisen. An der Haltestelle Holzhausenstraße ist es zu Stoßzeiten schon schwierig, überhaupt den Zug zu verlassen. Die Bahnsteige sind eng und voller Menschen, vor den Treppen staut es sich. An der Oberfläche folgen noch gute zehn Minuten Fußweg über 700 Meter bis zum Audimax. Verbunden mit langen Wartezeiten an Fußgängerampeln.

Kein Wunder, dass die Aussicht auf eine eigene U-Bahnstation für den Uni-Campus Westend an der Hochschule große Hoffnungen erzeugt. Die Studentenvertretung Asta sammelt sogar Unterschriften dafür: Eine Online-Petition hat seit dem Start im April bereits fast 7000 Unterstützer gefunden. “Die Reaktionen sind eigentlich nur positiv”, sagt Sebastian Heidrich vom Verkehrsreferat des Asta.

Doch die Hoffnungen könnten noch länger auf Erfüllung warten müssen. Bereits im Dezember wollte Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) das Gutachten vorlegen, welche Variante die beste ist. Nun will er das Papier “bis zur Sommerpause” präsentieren, wie er in der jüngsten Verkehrausschusssitzung verkündete. Grund sei just jene Forderung von Hochschulpräsidentin Birgitta Wolff von Ende März: “Wir brauchen einen U-Bahn-Anschluss direkt am Campus.” Derzeit halten sich an der Uni 30 000 Menschen auf, bis 2030 sollen es 42 000 sein.

U-Bahn-Station: Zentral statt abseits

Die von der Stadtregierung bevorzugte Ginnheimer Kurve für rund 220 Millionen Euro sieht eine U-Bahn-Station am Nordwestrand des Campus’ vor. Die Uni hätte gern eine Station unterm zentral im Campus gelegenen Theodor-Adorno-Platz. Dafür hatte sich gleichsam CDU-Verkehrsexperte Frank Nagel ausgesprochen: Er will die mit rund 170 Millionen Euro etwas günstiger kalkulierte “Europaturm”-Variante um eine Schleife zum Campus und wieder zurück ergänzen. Natürlich beziehe die Stadt diese Variante in die Untersuchung ein, so Oesterling. Deshalb schickte er das schon fertige Papier auch zurück an die Gutachter. “Der Vorschlag ist auf große Sympathie gestoßen”, so Oesterling. “Die Zentral-Trasse erschließt den Campus am besten.” Sie verursache aber Mehrkosten von 150 Millionen Euro für einen Tunnel inklusive unterirdischer Station. Die Uni-Station der Ginnheimer Kurve hingegen läge zwar weniger zentral an der nordwestlichen Campus-Ecke hinter den Wirtschaftswissenschaften, könnte aber billiger in Troglage entstehen.

Dennoch wirbt der CDU-Verkehrsexperte Martin Daum für die neue Lückenschluss-Lösung: “Sie wird noch besser mit der zentralen Erschließung.” Dass die Prüfung das Verfahren erneut verzögert, nervt Martin Kliehm (Linke): “Die sehr unterschiedlichen Sichtweisen in der Koalition blockieren sich gegenseitig.” Das Land habe es versäumt, rechtzeitig an die Anbindung für den Campus zu denken. Daher sieht Kliehm das Land in der Pflicht, die Mehrkosten zu zahlen.

Anbindung an den Campus: Idee “nicht total doof”

Die Idee der Uni sei “überraschend” und “sehr spät im Verfahren”, sagt auch Verkehrausschussvorsitzender Wolfgang Siefert (Grüne). “Aber der Vorschlag ist nicht total doof.” Ob eine Haltestelle unter den Adorno-Platz kommt, ist aber noch nicht ausgemacht. Auch Siefert sieht die Kosten: “Wir können den Kosten-Nutzen-Faktor nicht außer Acht lassen.”

Das unterstreicht auch Verkehrsdezernent Oesterling: Bund und Land als Zuschussgeber hätten mitzureden bei der Entscheidung. Sie hätten bereits im Europaviertel aus Kostengründen die Variante mit dem kürzeren Tunnel durchgesetzt.

Sauer ist FDP-Fraktionschefin Annette Rinn über die lange Verzögerung – auch wenn diese der aktuellen Regierung nicht anzulasten sei: “Es ist an der Zeit, zu Potte zu kommen”. Nach der Sommerpause, kündigt Oesterling an, sollten die Stadtverordneten die verschiedenen Varianten diskutieren. “Ich hoffe, dass wir bis Ende des Jahres einen Beschluss fassen.”

Bis dahin dürfte die Unterschriftenliste des Asta gewachsen sein. Welcher U-Bahn-Halt es werde, sei fast egal: “Natürlich am liebsten direkt am Adorno-Platz.” Werde es die Nordwest-Lösung wegen der Kosten, sei das okay. “Hauptsache, die U 4 kommt – denn es geht einfach nicht mehr, wie es heute ist.”

Das lange Warten auf die Linie Bockenheim – Ginnheim

1960er Jahre: Die Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Ginnheim ist im U-Bahn-Netz vorgesehen.

1978: Die U 1 fährt jetzt vom Theaterplatz bis nach Ginnheim.

2001 fährt die U 4 vom Hauptbahnhof bis Bockenheimer Warte.

2006 soll der Lückenschluss von Bockenheim bis Ginnheim umgesetzt werden. Kurz vor dem Baubeginn stoppen CDU und Grüne die direkte Tunnel-Variante via Franz-Rücker-Allee.

2010 beschließt das Stadtparlament eine neue Variantenprüfung inklusive der Ginnheimer Kurve. Diese Idee hatte zuvor die Bürgerinitiative “Rettet die U 5!” vorgelegt.

2010/11 lässt die Stadt auch die Europaturm-Variante entlang von Miquelallee und Rosa-Luxemburg-Straße prüfen – ohne Universitäts-Anschluss.

2015 attestiert eine Einschätzung der Stadtregierung der Ginnheimer Kurve den höchsten Nutzwert.

2017 lässt die Stadt die Trasse via Franz-Rücker-Allee erneut in die Prüfung aufnehmen – aus Gründen der Rechtssicherheit, denn sie scheidet wegen eines schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnisses aus.

Dezember 2018: Das Gutachten ist fertig, die Europaturm-Lösung ist die billigste.

März 2019: Uni und CDU fordern eine weitere Variante mit Station direkt auf dem Campus Westend.

Sommer 2019: Das Gutachten soll veröffentlicht werden.

Ende 2019: Das Stadtparlament könnte endgültig beschließen.