Wie am ersten Schultag

Mit den sinkenden Inzidenzen kehren die Frankfurter Schulen zum Wechselunterricht zurück.

 

Alle Schülerinnen und Schüler, die gerade noch gekommen sind, waschen bitte umgehend ihre Hände hier vorne am Waschbecken!“, ruft Markus Schönberg. Der Fachlehrer der 6D am Goethe- Gymnasium in Frankfurt übernimmt an diesem Morgen eine ganz besondere Aufgabe. Die Klasse ist das erste Mal seit Wochen wieder zusammengekommen. „Kommt Lilly noch? Sie war ja letzte Woche

krank“, fragt Lehrer Schönberg. „Nein, sie hatte doch nur Internetprobleme!“,

antwortet ein Schüler aus dem hinteren Teil des Klassenraums. So wie im Goethe-Gymnasium dürfte es aktuell in vielen Schulen in den Klassen sieben bis elf zugehen. Viele organisatorische Fragen müssen zu Beginn des ersten Schultages geklärt werden. Während die fünften und sechsten Klassen sowie die Abschlussklassen nach den Osterferien immer wieder in die Schule kommen konnten, dürfte es sich für die älteren Schüler:innen nach über fünf Monaten im Online-Unterricht wie ein zweiter erster Schultag anfühlen. Die kommissarische Schulleiterin Ute Utech spricht von einer logistischen Meisterleistung. Kurzfristig muss der Schulalltag unter ganz besonderen Bedingungen für 600 Schüler:innen geregelt werden. Am ersten Tag kommt die eine Hälfte der gesamten Schülerschaft in den Klassenräumen und auf dem Schulhof zusammen, die andere Hälfte ist ab nächster Woche im Präsenz-unterricht. Jede Klasse ist hälftig geteilt, um die Gruppen kleinzuhalten und die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Das Sekretariat hat die Testkits für alle Klassen vorgepackt.

Auch in der 6D muss an diesem Morgen getestet werden. Fachlehrer Schönberg gibt die Anweisungen, seine Schüler:innen sind bereits routiniert. Schulleiterin Utech erklärt: „Für Kolleginnen und Kollegen, deren Klassen erst jetzt wieder in die Schule kommen, gab es online mit einem HNO-Arzt eine Art Trockenübung, damit sie wissen, wie sie das korrekte Testen bei den Schülerinnen und Schülern überwachen können.“ Die Selbsttests könnten durchaus als eine mögliche

Alternativstrategie gesehen werden, wenn die Impfung in der jüngeren Altersgruppe weiter auf sich warten ließe, sagt Studiendirektorin Anette Reifenberg.

Für viele Schüler:innen bedeutet die Rückkehr in die Schule auch das Wiedersehen mit Freund:innen. Für Ayoub aus der siebten Klasse ist das die Hauptmotivation. „Im Online-Unterricht musste ich zwar später aufstehen, dafür saß ich aber den ganzen Tag am PC. Umso schöner ist es jetzt, endlich wieder zur Schule gehen zu können.“ Auch Issraa und Tonja sind für den ersten Tag in der Schule extra

früher aufgestanden. Den beiden Siebtklässlerinnen fehlt hauptsächlich der Kontakt zu ihren Mitschüler:innen.

 

Der Haupteingang bleibt bis auf weiteres geschlossen. Die Kinder kommen vereinzelt über die anderen Eingänge in das Gebäude, damit es bei 600 Schüler:innen nicht zum Stau in den Fluren kommt. Die Laufrichtungen sind durch Pfeile auf dem Boden markiert, der Unterricht startet mit großzügigem Lüften.

Das Goethe-Gymnasium hatte sich seit Wochen auf diesen Tag vorbereitet. Diverse Pläne und Szenarien hätten in den Schubladen bereit gelegen, um auch bei knappen Vorlaufzeiten wie dieses Mal reagieren zu können, sagt Schulleiterin Utech.

 

Der Online-Unterricht könne zwar fachlich mit dem Präsenzunterricht mithalten, auf menschlicher Basis fehle es jedoch bekanntermaßen an vielen Stellen. „Ich wünsche mir endlich wieder ein bisschen mehr normales Schulleben in der Bude, wohlwissend, dass es dazu erst mal nicht kommen wird“, sagt Utech. Die Schulleiterin vermutet, dass sich die Unterrichtssituation bis zu den Sommerferien

nicht ändern wird.

 

Man plane den Schulalltag wochenweise, denke aber mit Fahrten, Projekten und Austauschprogrammen auch über die Sommerferien hinaus. Das sei bei den Schüler:innen auf viel Zuspruch gestoßen. Gerade Ausflüge und Veranstaltungen prägten die besonderen Momente in der Schullaufbahn. „Es ist nicht einfach, den Spagat zwischen langfristiger Organisation der Schulaktivitäten und den flexiblen

Antworten auf das Pandemiegeschehen zu halten. Wir als Goethe-Gymnasium orientieren uns deswegen grundsätzlich immer daran, was möglich ist, anstatt uns darüber zu ärgern, was nicht geht“, sagt die Schulleiterin.

 

Für die 6D geht es nach den negativen Tests zum Sportunterricht. „Natürlich verzichten wir aktuell auf Sportarten, bei denen man sich zu nahe kommt. Trotzdem sollte der Sportunterricht und damit die Bewegung nicht zu kurz kommen“, sagt Fachlehrer Schönberg. Das Thema der heutigen Unterrichtsstunde ist Gummitwist. Zwar mit Maske, aber wenigstens in der Schule und nicht zu Hause.