Frankfurt -Schon lange vor 18 Uhr waren etwa 20 Kritiker des geplanten Riederwaldtunnels im Sitzungsraum 307. Hier tagte der Ausschuss für Umwelt und Klima, und hier sollte über die Fällung des Waldes in Fechenheim beraten werden. Die Römer-Grünen hatten am Vortag Aufsehen erregt, als sie vom Bundesverkehrsminister ein Moratorium der Fällungen verlangt hatten – gegen die Vereinbarung des Koalitionsvertrages, wonach die Regierungsparteien sich einhellig zu dem in Frankfurt seit Jahrzehnten geforderten Tunnel verhalten sollten. Die Frankfurter Verkehrspolitik verspricht sich eine Entlastung des unter dem Autoverkehr leidenden Osten der Stadt.
Vertreter der Aktionsgemeinschaft Unmenschliche Autobahn wiederholten denn auch auf der Sitzung ihre Argumente. Willi Lose etwa erinnerte an den Eichenheldbockkäfer, der im Fechenheimer Wald entdeckt worden ist. „Die Bechsteinfledermaus, ebenfalls eine streng geschützte Art, kann nicht geschützt werden. Die Population habe laut Umweltgutachten abgenommen. Sind die schon begonnenen Baumaßnahmen dafür verantwortlich? Wir sind für ein Moratorium.“
Dieses Moratorium hatten Linke und Ökolinx schon einmal in der Stadtverordnetenversammlung beantragt und waren gescheitert. Auf der Tagesordung der Ausschusssitzung stand nun der Moratoriumswunsch des Ortsbeirats 11. Er wurde im „vereinfachten Verfahren“ abgelehnt – und das, obgleich die Regierungsparteien nicht per se gegen ein Moratorium sind. Tilo Schwichtenberg von der Gartenpartei forderte Linke und Ökolinx auf, sich mit ihm für eine namentliche Abstimmung einzusetzen. Dann müssten die Parteien Farbe bekennen. Allerdings hielt Manfred Zieran von Ökolinx dies für „Theaterdonner“.
Erste Reaktionen auf den offenen Brief
Die Grünen haben sich positioniert und am Vortag einen offenen Brief veröffentlicht, in dem sie gleichfalls für ein Moratorium plädieren: Keine Baumfällaktionen, so lange die rechtlichen Fragen nicht alle geklärt sind. Indes, Thomas Schlimme von den Grünen machte deutlich: „Wir werden die Koalition nicht an dieser Frage scheitern lassen!“ Schließlich sei es nicht die Stadt, sondern der Bund, die eine Entscheidung für ein Moratorium treffen könnten.
Indes sind gestern die ersten Reaktionen auf den offenen Brief der Grünen eingegangen. Die Frankfurter Bundestagsabgeordneten Kaweh Mansoori (SPD) und Thorsten Lieb (FDP) lehnten die Forderung ab. „Für die Handlungsfähigkeit des Landes ist es erforderlich, dass wir lange geplante und genehmigte Projekte endlich auch einmal umsetzen“, sagte Thorsten Lieb. Die Menschen im Riederwald litten unter dem Durchgangsverkehr.
„Wer sich das Brot von beiden Seiten schmiert, bekommt am Ende fettige Finger“, sagte Kaweh Mansoori. Der Ausbau von A66 und A661 stehe im Koalitionsvertrag der Frankfurter Stadtregierung. Zwar sehe er Autobahn-Ausbauprojekte kritisch. Eine Blockade des Riederwaldtunnels lehnte Mansoori mit Verweis auf die Verkehrssituation im Frankfurter Osten ab.
Die Frankfurter Jusos forderten indes ein Rodungsmoratorium im Fechenheimer Wald. Die steigenden Baukosten stießen auf die umweltpolitische Unzeitgemäßheit dieses Projekts, hieß es. „Jahrelang wurde uns erklärt, die angespannte Verkehrssituation im Riederwald würde durch den Tunnelbau gelöst. Dem ist nicht so, wie die jüngsten Verkehrsuntersuchungen zeigen“, sagte Juso-Sprecher Lukas Schneider. Er bezog sich auf die Verkehrsprognose 2030 von Hessen Mobil. Eine Verkehrsentlastung auf einzelnen Straßen aus der Stadt heraus steht dabei einer Verkehrszunahme auf anderen Straßen in die Stadt hinein entgegen.
Die CDU im Römer hält den Ausbau der A66 auf 2,2 Kilometern für notwendig, um Menschen unter anderem an der Straße am Erlenbruch von Verkehr zu entlasten. Der Stadtverordnete Frank Nagel (CDU) bezeichnete den offenen Brief der Grünen als „schlimmes PR-Manöver“.
Mehrere Initiativen rufen derweil für Samstag, 8. Oktober, 14 Uhr, zu einer Kundgebung auf, die von der Eissporthalle zum Fechenheimer Wald zieht.
Von: Thomas J. Schmidt