Die CDU in der taktischen Zwickmühle
Warum die Konservativen im Römer die Grünen mit Samthandschuhen anfassen.
Frankfurt -Heute hält die Frankfurter CDU ihren Parteitag ab. Der Vorstand wird neu gewählt. Überraschungen sind nicht zu erwarten. Gleichwohl dürften am Rande der Veranstaltung die Parteifreunde untereinander Koalitionsfragen diskutieren. Erst kürzlich hat Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) die Grünen aus der Landesregierung geworfen und arbeitet nun mit der SPD zusammen. In Frankfurt ist die CDU stärkste Oppositionspartei, möchte aber nach der Kommunalwahl 2026 wieder in der Regierung sein. Rheins Partnerwechsel hat auch an der Basis Diskussionen entfacht. Der Landesvorsitzende der Jungen Union und Frankfurter Ortsbeirat Leopold Born sprach sich vehement für ein Bündnis mit der SPD aus, schränkte seine Aussage aber auf Bundes- und Landesebene ein.
Grüne werden pfleglich behandelt
Und wie sieht es in Frankfurt aus? In den Debatten in den Ausschüssen und in der Stadtverordnetenversammlung fällt auf, dass die CDU die Grünen bislang recht pfleglich behandelt. Hart kritisiert wird unter den Dezernenten der Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt lediglich Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD), die mit Eigenmächtigkeiten auch Anlass dafür schafft.
Ein fairer Umgang der Stadtparlamentarier im Römer über Fraktionen hinweg hat in Frankfurt Tradition. Denn jede Partei weiß, dass sie nach der nächsten Wahl Partner braucht. Die Alleinregierung einer Partei gab es zuletzt 1985. Es war die CDU unter OB Walter Wallmann. Schon aus machttaktischen Gründen verbietet es sich im Römer, den politischen Gegner tödlich zu beleidigen. Man ist später wieder aufeinander angewiesen.
Die Frankfurter SPD hat den OB-Bonus
Das erklärt die verhaltene, abwartende Positionierung der Frankfurter CDU im Römer. Die wurde zwar bei den Landtagswahlen im Oktober vergangenen Jahres in der Mainmetropole mit 30,1 Prozent stärkste Kraft. Doch die Grünen verloren trotz ihrer umstrittenen Verkehrspolitik in Frankfurt sowie des Ampelstreits in Berlin nur 2,3 Prozent. Für die CDU bedeutet das: Anders als früher, als die Grünen bei Kommunalwahlen zwischen 14 und 16 Prozent erzielten, hat sich deren Stammwählerschaft erheblich verbreitert und kann nun auf 20 Prozent plus X angesetzt werden.
Eine Zwei vorneweg hätte auch die Frankfurter SPD gerne. Ob ihr Oberbürgermeister Mike Josef wie einst Petra Roth die CDU in neue Höhen führen kann, ist ungewiss. Für die CDU wäre jedenfalls eine Koalition mit der SPD vorteilhafter, weil dann der OB Teil des Bündnisses wäre, was das Regieren erleichtert.
Auch eine Frage des Alters
Typisch für die Lage an der Basis war eine Mitgliederversammlung des CDU-Stadtbezirksverbandes Eschersheim nach der Landtagswahl. Die Befürworter von SPD und Grünen als Partner hielten sich in etwa die Waage. Ältere Mitglieder tendieren mehr zur SPD, jüngere eher zu den Grünen. Bei den langjährigen Mitgliedern ist nicht vergessen, dass die CDU nach der Kommunalwahl 2016 die Grünen in Frankfurt an der Macht gehalten hat, anstatt sie in die Opposition zu schicken. Damit hatten die Frankfurter Grünen 2021 kein Problem. „Der Verrat der Grünen steckt noch in den Knochen“, meinte ein CDU-Stadtverordneter. Auch bei der für Rhein erfolglosen Oberbürgermeisterwahl 2012 liefen die Anhänger der Grünen in Scharen zum damaligen SPD-Kandidaten Peter Feldmann über.
Gleichwohl vertreten viele Konservative die Meinung, dass der Kontakt zu den Grünen nicht abreißen darf. Auch wenn die pragmatischen Grünen aus der Zeit ihres Fraktionsvorsitzenden Manuel Stock vermisst werden. Derzeit ist die Fraktion der Grünen von jungen Aktivisten geprägt, die nach Meinung CDU-Stadtverordneter „gnadenlos ihre Ziele durchsetzen“.
Wer wird bei Schwarz-Grün Verkehrsdezernent?
In der CDU-Fraktion gelten der Kreis- und Fraktionsvorsitzende Nils Kößler (46) sowie sein Stellvertreter in beiden Ämtern, Yannick Schwander (35), als magistrabel. Ebenso Sara Steinhardt. Frank Nagel sehen nicht wenige in der Fraktion als künftigen Verkehrsdezernenten. Dieses Amt würden die Grünen in einer neuen Koalition aber kaum aufgeben.
Die Frankfurter Parteispitze wird alles daran setzen, dass die CDU wieder der Stadtregierung angehört. Dazu muss die Partei aber ein Wahlergebnis einfahren, das sie handlungsmächtig macht.