// 09. Oktober 2025 //
Vier Ringe für eine funktionierende Stadtmobilität – warum „Mobilitätshäuser“ jetzt entscheidend sind
Worum es geht
Wir müssen für Frankfurt Mobilität neu denken: Das Mobilitätsdezernat hat Mobilitätsstationen sowie ein aktualisiertes Park-&-Ride-Konzept vorgestellt. Das ist gut – aber es genügt nicht, wenn wir beim klassischen Stellplatz-Denken stehen bleiben. Wir brauchen modulare, quartierstaugliche „Mobilitätshäuser“ in der Stadt, schlanke Mobilitätsstationen an den Stadtkanten und kluge P+R-Korridore in der Region. Kurz: ein Vier-Ringe-System, das heute wirkt und morgen mitwächst.
Täglich pendeln sehr viele Menschen nach Frankfurt, noch immer mit hohem Pkw-Anteil. Stau, Flächenkonflikte und Stress sind die Folge. Das neue P+R-Zielbild der Stadt sieht zusätzliche Kapazitäten an Knoten wie Römerhof und Borsigallee vor. Das entlastet kaum und auch nur langfristig – und auch nur dann wenn Umstiege kurz, sicher und attraktiv sind und die Bausteine zu einem Gesamtbild werden.
Das Vier-Ringe-Konzept (überarbeitet)
Ring 1 – Innenstadt (Bestand): Parkhäuser als „Mobilitätshäuser im Retrofit“
Unsere City-Parkhäuser können mehr als Autos stapeln. Schrittweise sollten wir Stellplätze in sichere Fahrradflächen (auch für Cargobikes), Sharing-Zonen, Mikro-Logistik/Depots und Paketstationen umwandeln, ergänzt um barrierefreie Wege sowie PV- und Gründächer. Das Ergebnis: weniger Suchverkehr, mehr Aufenthaltsqualität – und eine echte Alternative auf kurzen Wegen.
Ring 2 – Quartiere: neue Mobilitätshäuser (modular, reversibel)
Im Wohnumfeld entstehen modulare Mobilitäthäuser (Mobility Hubs) mit Fokus auf Fuß, Rad und Sharing – kombiniert mit Nutzungen für das Viertel: Repair-Werkstatt, Vereins- und Cowork-Räume, Kita oder Kultur – je nach Lage. Wichtig ist die Reversibilität: Was heute Mobilität strukturiert, kann morgen soziale Infrastruktur aufnehmen. So bleiben die Gebäude über ihren Lebenszyklus nützlich – auch wenn sich Mobilität weiter verändert.
Ring 3 – Stadtkante/Korridore: Mobilitätsstationen als „Intercept“
Dort, wo starke ÖPNV-Achsen (S-/U-Bahn, Expressbus) auf eine gute Autoanbindung treffen, setzen wir zunächst auf flächenleichte Mobilitätsstationen mit P+R/B+R, kurzen Wegen, verlässlichen Takten und klarer Beschilderung. Wenn die Nachfrage dauerhaft hoch ist, kann eine Station zum Mobilitätshaus (Mobility Hub) wachsen – nicht umgekehrt. Genau hier fügen sich neue Knoten wie Römerhof und Borsigallee sinnvoll ein.
Ring 4 – Region: P+R/B+R & On-Demand
An S-Bahn- und Regionalbahnknoten im Umland bündeln wir sichere Abstellkapazitäten, On-Demand-Zubringer und eine saubere Tarif- und Takt-Integration. Das nimmt Druck von der Stadtkante, macht Umstiege verlässlich und lässt die Vorteile des Deutschlandtickets im Alltag ankommen.
Qualität schlägt Quantität
Wirksame Mobilität misst sich nicht an der reinen Zahl der Stellplätze, sondern an der Güte der Umstiege. Entscheidend sind kurze, barrierefreie und gut beleuchtete Wege mit Wetterschutz und eindeutiger Wegweisung. Ebenso wichtig sind verlässliche Takte und Anschlüsse – auch in Event- und Spitzenzeiten rund um Messe, Stadion und City-Veranstaltungen. Digitale Lösungen für Parken und Bezahlen sowie verständliche, kombinierbare Tarife (zum Beispiel in Verbindung mit Job-Tickets oder Veranstaltungsparken) senken Hürden im Alltag. Und überall, wo neue Angebote entstehen, braucht die Nachbarschaft Schutz: Bewohnerparken, klare Kurzzeitfenster und eine intelligente Bewirtschaftung verhindern, dass „graue Parkierung“ zu neuen Konflikten führt. Ein modernes Leit- und Informationssystem – on- und offline – macht das Ganze intuitiv nutzbar.
So setzen wir es um
Kurzfristig sollten wir das städtische P+R-Konzept skalierbar nachschärfen: Qualität definieren (Umstiegszeit, Sicherheit, Beschilderung) und von Beginn an ein Monitoring aufsetzen. Übergangslösungen auf privaten Flächen – etwa in Kooperation mit Handels- oder Eventstandorten – können wir verstetigen und datenbasiert optimieren. Gleichzeitig aktualisieren wir die Leitsysteme an City und Stadtkante und priorisieren konfliktarme Rad- und Fußwege an den Knoten.
Mittelfristig folgen Planungsaufträge für Römerhof und Borsigallee, Flächensicherung sowie die Klärung von Baurecht und Finanzierung. Transparente Bürgerinformation gehört von Anfang an dazu. Parallel realisieren wir zwei bis drei Pilot-Mobilitätshäuser in Quartieren, konsequent modular gebaut, um Erfahrungen schnell in Serie zu bringen.
Langfristig priorisieren wir weitere städtische Knoten (zum Beispiel Taunusblick, Kalbach oder Frankfurter Berg) nach Wirtschaftlichkeit und Netzwirkung. Insbesondere müssen diese skalierbar sein, um der Nachfrage gerecht zu werden. Gemeinsam mit Land und Region schließen wir die regionalen Korridore – mit dichten Takten, sauberer Tarifintegration, Bike+Ride-Kapazitäten und On-Demand-Anbindung.
Zahlen & Kontext – kurz erklärt
Frankfurt ist Pendler-Magnet, mit spürbaren Folgen für Verkehr, Flächen und Klima. Neue P+R-Kapazitäten helfen nur dann, wenn sie klug verknüpft sind und der tägliche Umstieg tatsächlich schneller und angenehmer wird. Genau deshalb braucht es die Vier-Ringe-Logik: Innenstadt entlasten, Quartiere stärken, Stadtkanten ordnen, Region anbinden – und das alles modulartig, skalierbar und barrierefrei.
2023 kamen rund 463.000 (sozialversicherungspflichtige) Menschen zur Arbeit in die Stadt. Umgekehrt pendelten etwa 112.000 Frankfurterinnen und Frankfurter zum Arbeiten hinaus. Im Fünfjahresmittel übersteigt die Zahl der Einpendelnden damit die der Auspendelnden um rund den Faktor 3,3 – ein deutlicher Hinweis auf die besondere Arbeitsmarktrolle der Stadt und damit die Bedeutung leistungsfähiger Umstiege.
Warum „Mobilitätshäuser“?
Weil die Stadt mehr ist als Verkehr. Ein Mobilitätshaus kann heute Parkdruck reduzieren, Rad- und Sharing-Nutzung stärken und Lieferverkehre ordnen – und morgen Räume für Soziales, Kultur oder Bildung aufnehmen. So entsteht ein Stadtteilbaustein, der mit dem Quartier mitwächst.
Was mich als Frankfurter Mobilitätspolitiker wichtig ist
Mobilität ist Daseinsvorsorge. Wir müssen dort investieren, wo der größte Nutzen für Pendelnde, Anwohnende und die Stadt entsteht. Das Vier-Ringe-Konzept bietet den Rahmen.
„Wer Frankfurt entlasten will, muss die Umstiege kurz und sicher machen – und Angebote dort bündeln, wo sie im Alltag wirklich genutzt werden. Mobilitätshäuser im Quartier und schlanke Stationen an der Stadtkante sind dafür der Schlüssel.“
„Parkplätze allein lösen keine Verkehrsprobleme. Qualität, Takt und kurze Wege – erst dann wird aus einem Stellplatz ein Stück Lebensqualität.“
Was jetzt zu tun ist – mein Vorschlag
- Stadt: Qualitätsstandards beschließen, Prioritäten setzen, Planungen starten, Monitoring aufsetzen.
- Land/RMV/Region/Kooperationspartner: Mitfinanzierung sichern, Takte verdichten, Tarifintegration ausbauen; regionale Korridore schließen.
- Unternehmen/Institutionen: Job-Ticket-Modelle stärken, Parkraummanagement verknüpfen, Event-Kooperationen nutzen.
- Bürgerinnen & Bürger: Angebote nutzen und Rückmeldungen geben (wo hakt’s, was fehlt?).
Weiterführende Unterlagen
- P+R-Konzept Frankfurt am Main (Gesamtbericht, PDF):
Frankfurt.de - Pressemitteilung „Stressfrei pendeln aus dem Umland“ (mit Visuals) – Landingpage:
https://frankfurt.de/de-de/aktuelle-meldung/Meldungen/Stressfrei-pendeln-aus-dem-Umland/ Frankfurt.de
Pressemitteilung als PDF:
https://frankfurt.de/-/media/frankfurtde/global/aktuelles-meldungen/aktuelles/pdf/2025/september/kw-39/pressemitteilung-mit-stimmen-zum-pr-konzept.pdf Frankfurt.de - RMV – Regionaler Nahverkehrsplan (PDF):
https://www.rmv.de/c/fileadmin/documents/PDFs/_RMV_DE/Der_RMV/Aufgaben_der_RMV_GmbH/Verbundweiter_Nahverkehrsplan/Regionaler_Nahverkehrsplan_RMV.pdf RMV - traffiQ – Nahverkehrsplan Frankfurt 2025+ – Infoseite:
https://www.traffiq.de/traffiq/planungen-und-projekte/nahverkehrsplan.html traffiq.de
NVP Frankfurt 2025+ (PDF):
https://www.traffiq.de/fileadmin/user_upload/Nahverkehrsplan_2025/Nahverkehrsplan_der_Stadt_Frankfurt_am_Main_2025_.pdf traffiq.de - Hessisches Statistisches Landesamt – Pendlerzahlen (Themenübersicht/PM 16.10.2024):
https://statistik.hessen.de/Themen-A-Z/pendelnde statistik.hessen.de - BBSR-Studie „Mobilität in Wohnquartieren“ – PDF:
BBSR
Landingpage:
https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/bbsr-online/2024/bbsr-online-27-2024.html